Donnerstag, 19. September 2013

Teil 7: Cairns (Claudia)


Der Flughafen in Alice Springs war wirklich winzig. Es gab nur ein einziges Gepäckband und die „Gates“ waren ein paar direkt (!) nebeneinander liegende Türen, von welchen aus man ohnehin zu Fuß aufs Rollfeld gehen mußte. So taten wir es dann auch, nachdem wir noch eine bizarre, aber sehr nette Britin aus unserer Red-Centre-Reisegruppe getroffen und mit ihr geplauscht hatten. Ich genieße es, so viel Englisch sprechen zu können; das macht Spaß und, wie der Liebste sagen würde, einen schlanken Fuß.
Wir setzten uns also in die recht kleine Qantas-Maschine und starteten gegen 17.30 Uhr in den wolkenlosen Himmel über dem Outback. Die Aussicht war wirklich spektakulär: Wüste, Gebirge, ganz vereinzelt die ein oder andere Straße, kein Zeichen von Zivilisation. Allmählich legte sich ein Dunstschleier über die Landschaft und dann erlebten wir ein weiteres Kapitel der australischen „Lächerlich schöne Sonnenuntergänge“-Saga. Die Farben, als die Sonne unter den Wolken versank, waren so eindrucksvoll, der sich darüber abzeichnende Sternenhimmel so schön, daß wir beide immer wieder unser Erstaunen äußerten und ich ganz glücklich in meinem Sitz saß. Später stieg noch der Fast-Vollmond auf und bereitete mir auf meinem Fensterplatz auch noch einen ganz besonderen Landeanflug: zunächst blickten wir von oben auf die vom Mond beschienenen Wolken, sanken dann aber tiefer und fanden uns zwischen zwei dieser Wolkenschichten, als das Flugzeug plötzlich eine Kurve flog und zwar so steil, daß es wirkte, als verliefe die obere Wolkenschicht parallel zur Fensterbene. Genau vor meinem Fenster stand der Mond und ich jubilierte. Beim weiteren Sinkflug türmten sich neben uns riesige, flauschig aussehende Wolken, sodaß ich fast schon traurig war, daß wir landen mußten.


Der Liebste ist ja schnell mal irritiert: in Alice Springs hatte man ihn mit der Tatsache überrascht, daß es in der Wüste heiß ist – beim Ausstieg aus dem Flugzeug in Cairns erschien er zu gleichen Teilen verwirrt und empört darüber, daß es in den Tropen tropisch zugeht, mit Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit. Immerhin aber waren die Fliegen weg. Nachdem wir eine Weile mit einer Gruppe midlife-kriselnder Deutschtouristen am Busstand gewartet hatten, nahm uns ein lustiger Australier im Shuttle mit in Richtung Innenstadt. Der gute Mann fuhr wie der letzte Henker und wir entgingen beim U-Turn mitten auf der Kreuzung nur haarscharf einem Unfall. Er fand’s witzig, wir auch und außerdem lenkte es uns ein wenig von unserer Grübelei darüber ab, was uns nun wohl für eine Bude erwarten würde. Wir waren ja schon in Adelaide ziemlich enttäuscht worden, auch Alice Springs war eher eine Schangelbutze, nun rechneten wir schon mit dem schlimmsten. Als wir aber schließlich die marmorartig geflieste Lobby betraten, in der riesige Kronleuchter von der Decke hingen, nachdem uns ein freundlicher Angestellter geholfen hatte, die Koffer zu tragen, waren wir etwas optimistischer. Gespannt öffneten wir die Zimmertür und – waren hellauf entzückt. Ein geräumiges Zimmer mit riesigem Bett, schönem Badezimmer und Balkon. Wir waren uns sicher: hier konnten wir entspannen. Nach einer kurzen Einkaufsrunde und einem Tee sanken wir todmüde ins Bett, immerhin mußten wir am kommenden Tag früh aufstehen.

Ganz recht, das ist die Aussicht vom Balkon. Mit Meerblick, jap.
Um 7 Uhr morgens holte uns Jeremy, unser Tourguide für die „Go Wild! Cape Tribulation“-Tour, mit einem klimatisierten Bus ab. Nach einer wilden Pick-up-Runde für die anderen Teilnehmer und einigem organisatorischen Hick-Hack fuhren wir Richtung Port Douglas, wo die erste Sensation des Tages auf uns warten sollte: der Besuch im Wildlife Habitat, einem sehr coolen Tierpark. Begrüßt wurden wir im Haupthaus von einem Cassuary und zahlreichen anderen Vögeln. Jeremy erklärte einiges über die Tiere und führte uns dann zu unserem Koala- und Reptilien-Talk, den ein ziemlich sunnyboy-artiger, enthusiastisch und lustig wirkender Zoomitarbeiter moderierte. Zuerst erzählte er ein wenig über den im Baum friedlich vor sich hin schlafenden Koala, der sein Leben damit zubringt, nährstoffarme Eukalyptusblätter zu verspeisen und danach, aufgrund des Nährstoffmangels, 18 bis 20 Stunden des Tages zu verschlafen. In seinen Wachstunden frißt er oder paart sich. Ein gutes Leben.
Weiter ging es mit einer Python, die er sich um den Hals legte und einem kleinen Krokodil, das er mitbrachte. Obwohl ich anschließend unglaublich gern ein weiteres Koalabild gehabt hätte, gingen wir dann weiter (wäre auch bescheuert gewesen, ich weiß…). Was ich zu diesem Zeitpunkt nicht wußte: ich würde viel tolleres erleben. Beim weiteren Durchwandern des Zoos hüpften uns plötzlich kleine Wallabies über den Weg, die sehr zutraulich waren, sich füttern und streicheln ließen.


Je weiter wir kamen, desto mehr davon wurden es, und es kamen noch andere Wallabie-Arten und schließlich sogar Kängurus dazu. Ich kreischte eigentlich nur noch und war völlig verzückt von den zutraulichen Tieren, in deren Gegenwart ich offenbar wieder zur Fünfjährigen werde. Auch der Liebste machte sich mit den Kleinen vertraut:


Nachdem wir auch ein paar Krokodile, allerlei Vogelarten und einen weiteren Cassowary gesehen hatten,


verließen wir nach 1,5 Stunden den Tierpark und begaben uns wieder in den Bus, um zum Daintree River zu fahren, wo uns ein „Croc cruise“ erwartete. Dazu begaben wir uns in ein kleines Boot, das von einem lustigen Australier, der ab und zu auch Deutsch sprach, über den Fluß gesteuert wurde, um die dort lebenden Krokodile zu bestaunen. Er begann die Fahrt mit den Worten: „Anything could happen, I hope you survive, good luck!“
Bald nach dem Start sahen wir auch schon ein kleines Krokodil auf dem Schlamm sitzen und hielten, während der Kapitän einiges über die Fauna und Flora des Daintree Rivers erzählte, Ausschau nach den großen Krokodilen im Fluß. Leider verpaßten wir die Kolosse, erspähten aber noch ein weiteres kleines und schließlich einen immerhin ca. 2,5m langen Krokofreund, der sich an Land sonnte. Bilder hat sicher der Liebste. Am anderen Ufer angekommen, ging es wieder in den Bus und zu einem sehr schönen Look out, von dem aus man den Regenwald und die Küste bestaunen konnte:

Auf dem Daintree River durch den Regenwald fahren: eine gute Sache


Anschließend gab es Mittagessen, bei dessen Zubereitung ausschließlich Cornelius und ich halfen, während der Rest der auch sonst ziemlich unangenehmen Gruppe doof dreinschaute. Die nächste und letzte Station war ein „Rainforest Boardwalk“, also eine Tour durch den Regenwald. Jeremy, der uns schon während der vielen Busfahrerei mit allerlei Fakten und Aboriginee-Geschichten unterhalten hatte, erklärte uns die verschiedenen Pflanzen und einige Tiere in diesem unheimlich dichten, vor Leben strotzenden Stück Regenwald. Kein Quadratcentimeter blieb dort unbedeckt, alles wucherte und wuchs, wild und grün.


Nach diesem knapp einstündigen Ausflug wurden wir dann an einem kleinen Strand abgesetzt, an dem fast niemand außer uns war. Das war in Cape Tribulation und muß sonst recht populär sein, aber wie schon so oft in diesem Urlaub kam es uns zugute, daß momentan einfach keine Reisesaison ist in Australien. Es ist Frühlingsanfang. Ein mit ca. 30°C in Cairns zwar doch recht warmer, aber dennoch kommen die Touristen vornehmlich im Sommer. Wir genossen einmal mehr die Weite und das Meer

  
und wurden, vor der dreistündigen Rückfahrt, noch mit Saft und Keksen versorgt. Nachdem Jeremys unerträgliche Reaggae-CD einmal durchgelaufen war, legte er Ambient-Musik auf, die eigentlich ganz schön war und gut zur untergehenden Sonne über dem dampfenden Regenwald bzw. dem mondbeschienenen Ozean passte, die auf der Heimfahrt an uns vorüberzogen. Vor diesen Kulissen ließ ich mir nochmal durch den Kopf gehen, wie sehr ich doch schon gedanklich in Australien versunken bin und wie gut mir die fast vier Wochen hier getan haben. Als wir endlich da waren, ging es noch kurz zum Einkaufen – auf dem Rückweg hatte ich eine Begegnung mit einer riesigen Fledermaus – und nach ein paar organisatorischen Dingen auch schon recht bald ins Bett.

Am kommenden Tag schliefen wir erstmal etwas länger, denn das Programm war ziemlich entspannt: nach einem Kuchenfrühstück machten wir uns gegen halb zehn auf zum „Reef Fleet Terminal“, wo wir unsere Tickets  für die Bootstour nach Green Island abholten. Wir hatten die „Green Island Discovery Tour“ gebucht, für die es zum Glück keinen Guide gab und wir die Zeit so ganz nach unserem Geschmack gestalten konnten. Green Island ist eine kleine Insel mitten im Great Barrier Reef, 50 Bootsminuten von Cairns entfernt. Wir fuhren mit einem großen und recht schnellen Katamaran

Kein gutes Bild, aber cool. Soundtrack: Klick!

und kamen pünktlich an. Ich hatte mir von der Tour ein wenig Schnorchelspaß versprochen und rechnete nicht damit, wirklich spektakuläres zu erblicken; vielleicht mal einen Fisch hier und eine Koralle dort. Doch die Fahrt auf dem Glasbodenboot, die uns direkt nach der Ankunft erwartete, sollte mich eines besseren belehren: kaum war das Boot, auf dem außer uns ausschließlich Asiaten und sehr alte Australier mitfuhren, losgefahren, schwamm unter uns schon ein riesiger Fischschwarm daher. Der recht markige Bootsfahrer warf etwas Futter ins Wasser, woraufhin sie wild hin und her schwammen, was vom Boot aus recht ulkig aussah. Dann ging es weiter über tolle Korallenriffe und vorbei an vielen verschiedenen Fischen, riesigen Muscheln und Seegurken. Schließlich erspähten wir sogar noch eine riesige Schildkröte, die am Fuße eines Korallenriffs schlummerte.



Nach der Bootsfahrt begingen wir unsere großspurig angekündigte „Exclusive self-guided eco tour“, die sich als weiterer Rainforest Boardwalk entpuppte. Green Island ist winzig und je zur Hälfte mit einem schönen Touristenresort und dem Regenwald bedeckt, das Ganze gesäumt von Traumstränden.



 Wir liehen uns schließlich eine Schnorchelausrüstung und dann ging es zum Highlight der Tour, zumindest für mich: es wurde sich am Traumstrand bei Traumwetter ins Wasser begeben und durchs Great Barrier Reef geschnorchelt.

Ein schoenes Bild.
Absolut beeindruckend und wunderschön! Wir schnorchelten ganz nah vorbei an bizarren und tollen Korallenformationen und dutzenden von bunten, schillernden Fischen aller Farben, Muster und Größen. Ich war völlig von den Socken und bin es auch jetzt noch, wenn ich daran denke. Plötzlich entdeckte ich eine riesige Schildkröte und rief aufgeregt dem Liebsten zu, er möge sich zu mir begeben – dann verfolgten wir den gemütlich grasenden und ab und zu zum Luftholen auftauchenden Schildkrötenfreund eine Weile lang, tauchten zu ihm hinunter, schwammen mit ihm und freuten uns an seinen an den Flügelschlag eines Vogels erinnernden und ungemein eleganten Schwimmbewegungen. Beim weiteren Schnorcheln erblickte ich sogar einen recht großen Rochen, der direkt vor mir vorbeizog. Ein ganz phantastisches Erlebnis, das ich niemals vergessen werde. Nachdem an Land noch ein Eis verzehrt wurde, ging es, an schönen Landschaften und aufgewühlten Himmeln vorbei zurück nach Cairns, wo wir uns noch entspannten und auf den letzten, ganz freien Tag freuten.






 Über diesen unseren letzten Tag werde ich nichts berichten, denn es ist unser freier Tag, an dem sich nur entspannt werden soll. Vor uns liegt eine so anstrengende Rückreise, die aus vier Teilflügen besteht, das wir den morgigen Tag mit Ausschlafen, einem ausgiebigen Frühstück, der Erkundung der Stadt und der Salzwasserlagune, Nichtstun und dem Betrachten eines abendlichen Feuerwerks verbringen werden. Dann kommen wir hoffentlich gesund von diesem Abenteuer wieder.

Bevor ich jetzt ein kleines Resümee verfasse, komme ich noch zu einer sehr interessanten Aufzählung: Tiere, die wir – außer im Red Centre – in freier Wildbahn gesehen haben:
-          Fledermaus (Cairns)
-          Schnabeligel (Wye River)
-          Kängurus (Halls Gap)
-          Rochen (Green Island)
-          Allerlei Fische (Green Island)
-          Riesige Schildkröte (Green Island)
-          Koalas (Otway National Park)

So, nun beschließe ich meine Blogberichte und ich muß sagen, daß ich recht wehmütig werde, wenn ich daran denke, wieder nach Deutschland zu fliegen. Diese Zeit hier war so wunderbar und hat mir einen so großartigen Fleck Erde näher gebracht, daß ich am liebsten noch viel länger bleiben würde. Aber ich weiß auch, daß es der Reiz des Neuen ist, der mich hier gepackt hat, deswegen (und wegen dieser Kleinigkeit mit der Zeit und dem Geld) muß nun der Heimweg angetreten werden. Unsere Reise war toll durchgeplant und verlief reibungslos; und wir haben so viele Facetten dieses Landes gesehen.
Die Offenheit und Schönheit Sydneys.
Der etwas verborgenere, intimere Charme Melbournes.
Das wilde Meer und die kantigen Küsten der Great Ocean Road mit ihren Naturmonumenten.
Die weiten, satten Graslandschaften Südaustraliens.
Die unendlich scheinenden Eukalyptuswälder und schroffen Berge der Grampians.
Den langweiligen Kleinstadtcharakter von Adelaide.
Die lebensfeindliche Wüste des Outback, aber auch die Majestät der roten Steinungetümer Uluru, Kata Tjuta und King’s Canyon.
Die tropische Hitze und die paradiesischen Strände des australischen Nordens.
Und natürlich die Freundlichkeit und Offenheit der Menschen in Australien.
Es war eine großartige Reise und ich hoffe inständig, daß wir wieder an diesen wunderschönen Ort zurückkehren werden.

Ich weiss, sieht aus wie eine Zwiebel und ist geographisch auch nicht ganz korrekt... aber you get the point.


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