Am Freitag verließen wir mittags die Innenstadt und begaben
uns in Melbournes Außenbezirke, um dort unseren Campingvan abzuholen. Ich, die
ich mich mittlerweile mit der Stadt doch ganz gut angefreundet hatte, war
verstört von der, wie Dr. C. sagen würde, „Schangeligkeit“ des Vororts, in dem
wir das Vehikel vorzufinden im Begriff waren. Alles von der Abreise bis zur
Fahrzeugübergabe klappte reibungslos, also machten wir uns auf den Weg. Nach
einer Einkaufstour und drei kleinen Verfahr-Manövern kamen wir auf der Autobahn
und in der richtigen Richtung an, dann begann die Vorfreude. Ein paar Kilometer
unspektakulärer Landschaft mußten totgeschlagen bzw. –gefahren werden, bis wir
die Küste erstmals erblickten. Kurz hinter Geelong begann in Anglesea die Great
Ocean Road, eine der schönsten Küstenstraßen der Welt. Als das Meer zum ersten
Mal hinter den Hügeln auftauchte, waren wir hin und weg. Wir hielten sofort am
nächstbesten Parkplatz: innerhalb von einer Sekunde hatte ich mich meiner
Schuhe entledigt und rannte dem gewaltigen, tosenden Ozean entgegen. Was für
ein Gefühl!
Nach diesem Stop fuhren wir noch ein Weilchen weiter, immer
an der Küste entlang, immer wieder staunend und genießend, bis die Sonne
unterging. Dann suchten wir uns eine Bleibe, da wir es zur ursprünglich
angedachten nicht mehr vor Rezeptionsschluß schaffen würden. Wir blieben
schließlich in Wye River hängen, einem Ort mitten im Regenwald des Otway
Nationalparks. Wie immer wurden wir sehr freundlich empfangen und bekamen einen
Platz direkt am Flüßchen zugewiesen. Der Campingplatz war sehr grün und
naturbelassen; allerlei Regenwaldvögel machten großen Lärm und insgesamt war es
eine Freude, dort zu sein. Morgens wurden wir von Kookaburras und Papageien
begrüßt, frühstückten in Ruhe und checkten um 10 Uhr aus, um weiterzureisen.
Kaum waren wir auf der Straße, das Panorama erneut zu
genießen,
fing es auch schon an, in Strömen zu regnen und zu stürmen.
Da wir für den zweiten Reisetag Großes geplant hatten (immerhin wollten wir die
Wahrzeichen der Great Ocean Road betrachten), beschlossen wir, uns nicht vom
Wetter um großartige Aussichten bringen zu lassen und parkten das Auto zwei
Stunden lang an einem Aussichtspunkt, der in regelmäßigen Abständen von Bussen
voller Asiaten heimgesucht wurde, die ausschließlich damit beschäftigt waren,
sich selbst vor epischer Kulisse zu fotografieren. Nachdem der Regen sich ein
wenig verzogen hatte, kam als nächstes eine deutsche Ausgewanderte vorbei, uns
um Hilfe zu bitten: sie hatte den falschen Treibstoff getankt und ihr Auto
mußte abgeschleppt werden, ob wir nicht sie und ihr neun Monate altes Kind mit
nach Apollo Bay nehmen könnten? Freundlich, wie wir sind, taten wir das und
tauschten sogar die Metal-CD gegen eine mit Klassik aus für die nun folgenden
15 km. Belohnt wurden wir mit Babygeschrei und ein paar guten Tips für die
weitere Strecke.
Einer davon lautete, auf dem Weg zum Otway Lighthouse
Ausschau nach Koalabären zu halten. Und tatsächlich! Ich konnte vor Quietschen
kaum an mich halten, als ich diese unglaublich putzigen Gesellen in den Bäumen
schlafen sah.
Der Leuchtturm war hingegen weniger spektakulär. Da wir
nicht 37 Dollar für die Besichtigung ausgeben wollten, machten wir einen
kleinen Spaziergang und bekamen immerhin das zu sehen:
Die Straße führte derweil immer weiter durch den Great Otway
National Park, durch hohe Eukalyptuswälder und vorbei an riesigen Farnpflanzen.
Schließlich erreichten wir wieder die Küste, um das Highlight der GOR zu
betrachten: die 12 Apostles, eine Gesteinsformation von solcher Majestät, daß
meine bildlichen Eindrücke hier kaum wiedergeben können, wie toll es wirklich
war.
Besonders erfreut hat mich, wie überwältigt der Liebste war.
Das sah so aus:
Das war am Strand, zu dem wir dann hinuntergestiegen sind.
Leider sind meine Schuhe und meine Hose baden gegangen, als ich von einer
unangekündigt nach vorn schnellenden Welle attackiert wurde. Ich fand das Ganze
eher lustig:
Weiter ging es dann zu Loch Ard Gorge und der Thundercave,
ein paar Eindrücke folgen:
Der Tag endete mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, der
mich dazu bewegte, dem Manne mehrfach mitzuteilen, daß ich dieses schöne Land
eigentlich gar nicht mehr verlassen will…
Wir übernachteten auf einem sehr netten Campingplatz in Port
Campbell, wo ich, wie am Vorabend auch, mit Spaghetti à la Hackbällchen bekocht
wurde, diesmal aber in der schönen Campingplatzküche und, anders als am
Vorabend, mit Salz.
Wir erwachten am dritten Tag nach einer sternenklaren Nacht
und machten uns auf, die letzten Kilometer der Great Ocean Road zu befahren.
Unterwegs hielten wir noch an der London Bridge, einer weiteren atemberaubenden
Attraktion, diesmal sogar mit blauem Himmel:
Weiter führte uns der Weg an „The Grotto“ vorbei
und hin zur Bay of Islands, wo noch weiteres Gestein darauf
wartete, von uns betrachtet zu werden.
Danach nahmen wir Abschied vom Meer und fuhren nach
Warrnambool, einer etwas größeren Stadt nicht unweit der Küste; sie sollte als
Ausgangspunkt für unsere nun folgende Landfahrt dienen. Also bogen wir ein auf
eine Landstraße nach Norden, um auf kaum befahrenen Straßen durch idyllische
Dörfchen und absolute Einsamkeit hindurch zum Grampians Nationalpark
vorzudringen. Hierbei handelt es sich um ein kleines Gebirge, etwa 160 km von
der Küste entfernt.
Kaum im Park angekommen änderte sich die Landschaft
komplett. Davor waren wir durch weites, flaches Weideland gefahren, jetzt
erhoben sich links und rechts von uns Berge und, einmal mehr, Eukalyptuswälder.
Nach einem Zwischenstop an einem für den Liebsten zu unspektakulären Wasserfall
ging es zu unserem Campingplatz im einzigen größeren Dorf im
gesamten Park, Halls Gap. Schon auf dem Weg zum Platz erfüllte sich plötzlich
mein sehnlicher Wunsch, Kängurus in freier Wildbahn zu sehen: sie säumten die
Straße in Massen. Doch die große Überraschung folgte, als wir unsere Site
bezogen: Kängurus! Überall! Auf dem ganzen Campingplatz und überhaupt nicht
scheu, eher neugierig waren sie. Helle Verzückung meinerseits. Das
Sahnehäubchen setzte allerdings der Liebste dem Tag auf, als er uns in der
Wohnmobilküche köstliches Steak zubereitete, das wir für einen Spottpreis
erstanden hatten. Awe-some-o!
Die Nacht auf dem am Berg gelegenen Campingplatz war ruhig.
Um drei Uhr nachts hatte ich noch eine Begegnung mit drei munter grasenden
Kängurufreunden, die sich direkt neben unserem Wohnmobil niedergelassen hatten.
Und auch am nächsten Morgen traf ich noch diese Dame hier, die ich noch eben
fotografierte, bevor wir uns auf den Weg zur längsten Reiseetappe machten:
Mittlerweile sind wir alte, routinierte Camphasen. Wenn wir
neu an einem Campingplatz ankommen, spielt sich das immer gleiche ab: ich frage
nach einer „powered site“, wir bekommen einen super Platz zugewiesen, versorgen
als erstes das Auto mit Strom und, sofern noch nicht Zeit fürs Abendessen ist,
unternehmen noch etwas. Dann wird gekocht, gegessen und gespült. Anschließend
bauen wir den Sitz- und Essbereich zum Bett um und schauen auf dem Laptop
gemütlich Serie, wobei meist eine Tasse Tees und ein Keks verzehrt werden. Dann
wird geschlafen, bis am nächsten Morgen der Wecker klingelt. Wir bauen schnell
das Bett wieder zu Bänken und Tisch um, der Liebste richtet Frühstück her und
ich mein Gesicht, spülen, packen, check-out, fahren. Unterwegs wird aus unserem
liebevoll zusammengestellten CD-Repertoire ausgesucht (diverste
Metal-Spielarten und Klassik sind dabei), Süßkram verzehrt und die Landschaft
genossen. Großer Spaß für groß und klein!
Bevor wir am vorletzen Tag, dem Montag, den Highway
befuhren, fuhren wir einen winzigen Umweg durch die einsamen Straßen des
Nationalparks, um „The Balconies“ zu sehen bzw. vom Reid Lookout aus das Tal zu
bestaunen. Als wir oben angekommen waren, stockte uns der Atem: der Ausblick
war fantastisch. Kilometerweit waren nur Bäume und Hügel zu sehen, in der Ferne
grüßten die nebelschweren Berge. Es war ein gewaltiger und erhebender Ausblick,
den wir leider nicht mal ansatzweise in Bildform einfangen konnten. Nachdem der
Gatte mit seiner gewohnt unbekümmerten Art auch auf diesem nicht ungefährlichen
Ausguck mal wieder sämtliche Geländer (und meine Extrasystolen aus Sorge)
ignoriert und die kleine Klettertour überlebt hatte, fuhren wir weiter.
Laaaaange. Ungefähr 400 km durch das Landesinnere, immer wieder vorbei an
putzigen Old School-Klein“städten“ und unzähligen Schafen und Kühen.
Nachmittags erreichten wir schließlich Meningie mit dem
letzten Benzintropfen im Tank; hier leben vermutlich ungefähr sieben Menschen
und davor ist erstmal 50km lang nichts. Wirklich absolut nichts. Doch als wir
den Campingplatz erblickten, waren wir verzückt: direkt am riesigen Lake Albert
gelegen konnte ihn nicht einmal der wirklich, wirklich starke Wind entstellen,
der uns begrüßte, als wir aus dem Wohnmobil stiegen.
Nach einer ausführlichen Blogsession
Erwartete uns ein neuer Eintrag in der Rubrik „Lächerlich
schöne Sonnenuntergänge“. Voilà:
Wir beschlossen den Tag feierlich mit einem Klassiker aus
der Campingcuisine: Hot Dogs mit Ketchup und Zwiebeln. Schmackhaft und stärkend
für den nun folgenden Tag, der uns endgültig nach Adelaide führen sollte.
Das Wetter war weiterhin verrückt: nachts wechselten sich
Wind, Regen, Wind mit Regen, klarer Himmel und leichte Bewölkung ab, aber es
war insgesamt recht ruhig und so konnten wir ausgeschlafen den Geburtstag des
Liebsten begehen. Fotos dazu wird es sicher in seinem Beitrag geben. Es wurde
also ein feierliches Geburtstagsfrühstück mit Kuchenimprovisation und Erdbeeren
serviert, der Seeblick genossen und eine kleine Entenherde betrachtet, die sich
noch vor unserem Fenster tummelte, ehe wir uns ein letztes Mal der Straße
zuwandten.
Die Fahrt war recht öde und führte uns über diverse
Autobahnen (was auch immer man in Australien darunter versteht) zunächst einmal
nach Hahndorf.
Hahndorf ist ein 1839 von 54 deutschen Familien gegründetes
Dörfchen vor Adelaide, das mittlerweile eine zum bizarren Cheesy-Trash-Dorf
verkommene Touristenattraktion ist. Ein paar Fachwerkhäuser stehen hier und da,
überall wird behauptet, man biete „authentische deutsche Küche“ und
Souvenirläden voller Müll runden das Ganze souverän ab.
Wo nicht gerade bayerische Volksmusik lief, da roch es nach
Mettwurst oder man sah eine bayerische Flagge herumwehen… sehr merkwürdig
jedenfalls. Nach einem ausführlichen Spaziergang traten wir das letzte Stück
der Reise an und trudelten am frühen Nachmittag in Adelaide ein.
Damit endet unsere abenteuerliche Tour durch die Wildnis und
Einsamkeit des australischen Südens, was mich ein wenig wehmütig macht, war es
doch eine tolle Zeit mit vielen grandiosen Eindrücken. Diese viereinhalb Tage
haben so wunderbar die Hektik und Enge der beiden Metropolen kontrastiert, die
wir davor besucht hatten: kilometerlange Strecken durch die Natur, kaum
Menschen, kaum Zivilisation. Wenn wir uns aber irgendwo niederließen, so war es
stets schön und etwas besonderes, die Leute waren unglaublich angenehm und das
Wohnmobilleben hat mir irgendwie auch ziemlich Spaß gemacht. Ich werde mich mit
Sicherheit immer an diese knapp 1100 km voller Wunder erinnern.
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