Montag, 9. September 2013

Teil 4: Great Ocean Road (Claudia)



Am Freitag verließen wir mittags die Innenstadt und begaben uns in Melbournes Außenbezirke, um dort unseren Campingvan abzuholen. Ich, die ich mich mittlerweile mit der Stadt doch ganz gut angefreundet hatte, war verstört von der, wie Dr. C. sagen würde, „Schangeligkeit“ des Vororts, in dem wir das Vehikel vorzufinden im Begriff waren. Alles von der Abreise bis zur Fahrzeugübergabe klappte reibungslos, also machten wir uns auf den Weg. Nach einer Einkaufstour und drei kleinen Verfahr-Manövern kamen wir auf der Autobahn und in der richtigen Richtung an, dann begann die Vorfreude. Ein paar Kilometer unspektakulärer Landschaft mußten totgeschlagen bzw. –gefahren werden, bis wir die Küste erstmals erblickten. Kurz hinter Geelong begann in Anglesea die Great Ocean Road, eine der schönsten Küstenstraßen der Welt. Als das Meer zum ersten Mal hinter den Hügeln auftauchte, waren wir hin und weg. Wir hielten sofort am nächstbesten Parkplatz: innerhalb von einer Sekunde hatte ich mich meiner Schuhe entledigt und rannte dem gewaltigen, tosenden Ozean entgegen. Was für ein Gefühl!


Nach diesem Stop fuhren wir noch ein Weilchen weiter, immer an der Küste entlang, immer wieder staunend und genießend, bis die Sonne unterging. Dann suchten wir uns eine Bleibe, da wir es zur ursprünglich angedachten nicht mehr vor Rezeptionsschluß schaffen würden. Wir blieben schließlich in Wye River hängen, einem Ort mitten im Regenwald des Otway Nationalparks. Wie immer wurden wir sehr freundlich empfangen und bekamen einen Platz direkt am Flüßchen zugewiesen. Der Campingplatz war sehr grün und naturbelassen; allerlei Regenwaldvögel machten großen Lärm und insgesamt war es eine Freude, dort zu sein. Morgens wurden wir von Kookaburras und Papageien begrüßt, frühstückten in Ruhe und checkten um 10 Uhr aus, um weiterzureisen.

Kaum waren wir auf der Straße, das Panorama erneut zu genießen,


fing es auch schon an, in Strömen zu regnen und zu stürmen. Da wir für den zweiten Reisetag Großes geplant hatten (immerhin wollten wir die Wahrzeichen der Great Ocean Road betrachten), beschlossen wir, uns nicht vom Wetter um großartige Aussichten bringen zu lassen und parkten das Auto zwei Stunden lang an einem Aussichtspunkt, der in regelmäßigen Abständen von Bussen voller Asiaten heimgesucht wurde, die ausschließlich damit beschäftigt waren, sich selbst vor epischer Kulisse zu fotografieren. Nachdem der Regen sich ein wenig verzogen hatte, kam als nächstes eine deutsche Ausgewanderte vorbei, uns um Hilfe zu bitten: sie hatte den falschen Treibstoff getankt und ihr Auto mußte abgeschleppt werden, ob wir nicht sie und ihr neun Monate altes Kind mit nach Apollo Bay nehmen könnten? Freundlich, wie wir sind, taten wir das und tauschten sogar die Metal-CD gegen eine mit Klassik aus für die nun folgenden 15 km. Belohnt wurden wir mit Babygeschrei und ein paar guten Tips für die weitere Strecke.
Einer davon lautete, auf dem Weg zum Otway Lighthouse Ausschau nach Koalabären zu halten. Und tatsächlich! Ich konnte vor Quietschen kaum an mich halten, als ich diese unglaublich putzigen Gesellen in den Bäumen schlafen sah.



Der Leuchtturm war hingegen weniger spektakulär. Da wir nicht 37 Dollar für die Besichtigung ausgeben wollten, machten wir einen kleinen Spaziergang und bekamen immerhin das zu sehen:


Die Straße führte derweil immer weiter durch den Great Otway National Park, durch hohe Eukalyptuswälder und vorbei an riesigen Farnpflanzen. Schließlich erreichten wir wieder die Küste, um das Highlight der GOR zu betrachten: die 12 Apostles, eine Gesteinsformation von solcher Majestät, daß meine bildlichen Eindrücke hier kaum wiedergeben können, wie toll es wirklich war.

Besonders erfreut hat mich, wie überwältigt der Liebste war. Das sah so aus:


Das war am Strand, zu dem wir dann hinuntergestiegen sind. Leider sind meine Schuhe und meine Hose baden gegangen, als ich von einer unangekündigt nach vorn schnellenden Welle attackiert wurde. Ich fand das Ganze eher lustig:


Weiter ging es dann zu Loch Ard Gorge und der Thundercave, ein paar Eindrücke folgen:

Der Tag endete mit einem wunderschönen Sonnenuntergang, der mich dazu bewegte, dem Manne mehrfach mitzuteilen, daß ich dieses schöne Land eigentlich gar nicht mehr verlassen will…


Wir übernachteten auf einem sehr netten Campingplatz in Port Campbell, wo ich, wie am Vorabend auch, mit Spaghetti à la Hackbällchen bekocht wurde, diesmal aber in der schönen Campingplatzküche und, anders als am Vorabend, mit Salz.

Wir erwachten am dritten Tag nach einer sternenklaren Nacht und machten uns auf, die letzten Kilometer der Great Ocean Road zu befahren. Unterwegs hielten wir noch an der London Bridge, einer weiteren atemberaubenden Attraktion, diesmal sogar mit blauem Himmel:


Weiter führte uns der Weg an „The Grotto“ vorbei


und hin zur Bay of Islands, wo noch weiteres Gestein darauf wartete, von uns betrachtet zu werden.


Danach nahmen wir Abschied vom Meer und fuhren nach Warrnambool, einer etwas größeren Stadt nicht unweit der Küste; sie sollte als Ausgangspunkt für unsere nun folgende Landfahrt dienen. Also bogen wir ein auf eine Landstraße nach Norden, um auf kaum befahrenen Straßen durch idyllische Dörfchen und absolute Einsamkeit hindurch zum Grampians Nationalpark vorzudringen. Hierbei handelt es sich um ein kleines Gebirge, etwa 160 km von der Küste entfernt.
Kaum im Park angekommen änderte sich die Landschaft komplett. Davor waren wir durch weites, flaches Weideland gefahren, jetzt erhoben sich links und rechts von uns Berge und, einmal mehr, Eukalyptuswälder. Nach einem Zwischenstop an einem für den Liebsten zu unspektakulären Wasserfall


ging es zu unserem Campingplatz im einzigen größeren Dorf im gesamten Park, Halls Gap. Schon auf dem Weg zum Platz erfüllte sich plötzlich mein sehnlicher Wunsch, Kängurus in freier Wildbahn zu sehen: sie säumten die Straße in Massen. Doch die große Überraschung folgte, als wir unsere Site bezogen: Kängurus! Überall! Auf dem ganzen Campingplatz und überhaupt nicht scheu, eher neugierig waren sie. Helle Verzückung meinerseits. Das Sahnehäubchen setzte allerdings der Liebste dem Tag auf, als er uns in der Wohnmobilküche köstliches Steak zubereitete, das wir für einen Spottpreis erstanden hatten. Awe-some-o!
Die Nacht auf dem am Berg gelegenen Campingplatz war ruhig. Um drei Uhr nachts hatte ich noch eine Begegnung mit drei munter grasenden Kängurufreunden, die sich direkt neben unserem Wohnmobil niedergelassen hatten. Und auch am nächsten Morgen traf ich noch diese Dame hier, die ich noch eben fotografierte, bevor wir uns auf den Weg zur längsten Reiseetappe machten:



Mittlerweile sind wir alte, routinierte Camphasen. Wenn wir neu an einem Campingplatz ankommen, spielt sich das immer gleiche ab: ich frage nach einer „powered site“, wir bekommen einen super Platz zugewiesen, versorgen als erstes das Auto mit Strom und, sofern noch nicht Zeit fürs Abendessen ist, unternehmen noch etwas. Dann wird gekocht, gegessen und gespült. Anschließend bauen wir den Sitz- und Essbereich zum Bett um und schauen auf dem Laptop gemütlich Serie, wobei meist eine Tasse Tees und ein Keks verzehrt werden. Dann wird geschlafen, bis am nächsten Morgen der Wecker klingelt. Wir bauen schnell das Bett wieder zu Bänken und Tisch um, der Liebste richtet Frühstück her und ich mein Gesicht, spülen, packen, check-out, fahren. Unterwegs wird aus unserem liebevoll zusammengestellten CD-Repertoire ausgesucht (diverste Metal-Spielarten und Klassik sind dabei), Süßkram verzehrt und die Landschaft genossen. Großer Spaß für groß und klein!


Bevor wir am vorletzen Tag, dem Montag, den Highway befuhren, fuhren wir einen winzigen Umweg durch die einsamen Straßen des Nationalparks, um „The Balconies“ zu sehen bzw. vom Reid Lookout aus das Tal zu bestaunen. Als wir oben angekommen waren, stockte uns der Atem: der Ausblick war fantastisch. Kilometerweit waren nur Bäume und Hügel zu sehen, in der Ferne grüßten die nebelschweren Berge. Es war ein gewaltiger und erhebender Ausblick, den wir leider nicht mal ansatzweise in Bildform einfangen konnten. Nachdem der Gatte mit seiner gewohnt unbekümmerten Art auch auf diesem nicht ungefährlichen Ausguck mal wieder sämtliche Geländer (und meine Extrasystolen aus Sorge) ignoriert und die kleine Klettertour überlebt hatte, fuhren wir weiter. Laaaaange. Ungefähr 400 km durch das Landesinnere, immer wieder vorbei an putzigen Old School-Klein“städten“ und unzähligen Schafen und Kühen.


Nachmittags erreichten wir schließlich Meningie mit dem letzten Benzintropfen im Tank; hier leben vermutlich ungefähr sieben Menschen und davor ist erstmal 50km lang nichts. Wirklich absolut nichts. Doch als wir den Campingplatz erblickten, waren wir verzückt: direkt am riesigen Lake Albert gelegen konnte ihn nicht einmal der wirklich, wirklich starke Wind entstellen, der uns begrüßte, als wir aus dem Wohnmobil stiegen.


Nach einer ausführlichen Blogsession


Erwartete uns ein neuer Eintrag in der Rubrik „Lächerlich schöne Sonnenuntergänge“. Voilà:


Wir beschlossen den Tag feierlich mit einem Klassiker aus der Campingcuisine: Hot Dogs mit Ketchup und Zwiebeln. Schmackhaft und stärkend für den nun folgenden Tag, der uns endgültig nach Adelaide führen sollte.

Das Wetter war weiterhin verrückt: nachts wechselten sich Wind, Regen, Wind mit Regen, klarer Himmel und leichte Bewölkung ab, aber es war insgesamt recht ruhig und so konnten wir ausgeschlafen den Geburtstag des Liebsten begehen. Fotos dazu wird es sicher in seinem Beitrag geben. Es wurde also ein feierliches Geburtstagsfrühstück mit Kuchenimprovisation und Erdbeeren serviert, der Seeblick genossen und eine kleine Entenherde betrachtet, die sich noch vor unserem Fenster tummelte, ehe wir uns ein letztes Mal der Straße zuwandten.
Die Fahrt war recht öde und führte uns über diverse Autobahnen (was auch immer man in Australien darunter versteht) zunächst einmal nach Hahndorf.

Hahndorf ist ein 1839 von 54 deutschen Familien gegründetes Dörfchen vor Adelaide, das mittlerweile eine zum bizarren Cheesy-Trash-Dorf verkommene Touristenattraktion ist. Ein paar Fachwerkhäuser stehen hier und da, überall wird behauptet, man biete „authentische deutsche Küche“ und Souvenirläden voller Müll runden das Ganze souverän ab.

Typisch schwäbisch: Stuttgart Platter
Ein verwirrter Liebster: Brezel? In Australien?!

Wo nicht gerade bayerische Volksmusik lief, da roch es nach Mettwurst oder man sah eine bayerische Flagge herumwehen… sehr merkwürdig jedenfalls. Nach einem ausführlichen Spaziergang traten wir das letzte Stück der Reise an und trudelten am frühen Nachmittag in Adelaide ein.

Damit endet unsere abenteuerliche Tour durch die Wildnis und Einsamkeit des australischen Südens, was mich ein wenig wehmütig macht, war es doch eine tolle Zeit mit vielen grandiosen Eindrücken. Diese viereinhalb Tage haben so wunderbar die Hektik und Enge der beiden Metropolen kontrastiert, die wir davor besucht hatten: kilometerlange Strecken durch die Natur, kaum Menschen, kaum Zivilisation. Wenn wir uns aber irgendwo niederließen, so war es stets schön und etwas besonderes, die Leute waren unglaublich angenehm und das Wohnmobilleben hat mir irgendwie auch ziemlich Spaß gemacht. Ich werde mich mit Sicherheit immer an diese knapp 1100 km voller Wunder erinnern.


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