Der Flughafen in Alice Springs war wirklich
winzig. Es gab nur ein einziges Gepäckband und die „Gates“ waren ein paar
direkt (!) nebeneinander liegende Türen, von welchen aus man ohnehin zu Fuß
aufs Rollfeld gehen mußte. So taten wir es dann auch, nachdem wir noch eine
bizarre, aber sehr nette Britin aus unserer Red-Centre-Reisegruppe getroffen
und mit ihr geplauscht hatten. Ich genieße es, so viel Englisch sprechen zu
können; das macht Spaß und, wie der Liebste sagen würde, einen schlanken Fuß.
Wir setzten uns also in die recht kleine
Qantas-Maschine und starteten gegen 17.30 Uhr in den wolkenlosen Himmel über
dem Outback. Die Aussicht war wirklich spektakulär: Wüste, Gebirge, ganz
vereinzelt die ein oder andere Straße, kein Zeichen von Zivilisation.
Allmählich legte sich ein Dunstschleier über die Landschaft und dann erlebten
wir ein weiteres Kapitel der australischen „Lächerlich schöne
Sonnenuntergänge“-Saga. Die Farben, als die Sonne unter den Wolken versank,
waren so eindrucksvoll, der sich darüber abzeichnende Sternenhimmel so schön,
daß wir beide immer wieder unser Erstaunen äußerten und ich ganz glücklich in
meinem Sitz saß. Später stieg noch der Fast-Vollmond auf und bereitete mir auf
meinem Fensterplatz auch noch einen ganz besonderen Landeanflug: zunächst
blickten wir von oben auf die vom Mond beschienenen Wolken, sanken dann aber
tiefer und fanden uns zwischen zwei dieser Wolkenschichten, als das Flugzeug
plötzlich eine Kurve flog und zwar so steil, daß es wirkte, als verliefe die
obere Wolkenschicht parallel zur Fensterbene. Genau vor meinem Fenster stand
der Mond und ich jubilierte. Beim weiteren Sinkflug türmten sich neben uns
riesige, flauschig aussehende Wolken, sodaß ich fast schon traurig war, daß wir
landen mußten.

Der Liebste ist ja schnell mal irritiert: in
Alice Springs hatte man ihn mit der Tatsache überrascht, daß es in der Wüste
heiß ist – beim Ausstieg aus dem Flugzeug in Cairns erschien er zu gleichen
Teilen verwirrt und empört darüber, daß es in den Tropen tropisch zugeht, mit
Hitze und hoher Luftfeuchtigkeit. Immerhin aber waren die Fliegen weg. Nachdem
wir eine Weile mit einer Gruppe midlife-kriselnder Deutschtouristen am Busstand
gewartet hatten, nahm uns ein lustiger Australier im Shuttle mit in Richtung
Innenstadt. Der gute Mann fuhr wie der letzte Henker und wir entgingen beim
U-Turn mitten auf der Kreuzung nur haarscharf einem Unfall. Er fand’s witzig,
wir auch und außerdem lenkte es uns ein wenig von unserer Grübelei darüber ab,
was uns nun wohl für eine Bude erwarten würde. Wir waren ja schon in Adelaide
ziemlich enttäuscht worden, auch Alice Springs war eher eine Schangelbutze, nun
rechneten wir schon mit dem schlimmsten. Als wir aber schließlich die
marmorartig geflieste Lobby betraten, in der riesige Kronleuchter von der Decke
hingen, nachdem uns ein freundlicher Angestellter geholfen hatte, die Koffer zu
tragen, waren wir etwas optimistischer. Gespannt öffneten wir die Zimmertür und
– waren hellauf entzückt. Ein geräumiges Zimmer mit riesigem Bett, schönem
Badezimmer und Balkon. Wir waren uns sicher: hier konnten wir entspannen. Nach
einer kurzen Einkaufsrunde und einem Tee sanken wir todmüde ins Bett, immerhin
mußten wir am kommenden Tag früh aufstehen.
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Ganz recht, das ist die Aussicht vom Balkon. Mit Meerblick, jap. |
Um 7 Uhr morgens holte uns Jeremy, unser
Tourguide für die „Go Wild! Cape Tribulation“-Tour, mit einem klimatisierten
Bus ab. Nach einer wilden Pick-up-Runde für die anderen Teilnehmer und einigem
organisatorischen Hick-Hack fuhren wir Richtung Port Douglas, wo die erste
Sensation des Tages auf uns warten sollte: der Besuch im Wildlife Habitat,
einem sehr coolen Tierpark. Begrüßt wurden wir im Haupthaus von einem Cassuary
und zahlreichen anderen Vögeln. Jeremy erklärte einiges über die Tiere und
führte uns dann zu unserem Koala- und Reptilien-Talk, den ein ziemlich
sunnyboy-artiger, enthusiastisch und lustig wirkender Zoomitarbeiter
moderierte. Zuerst erzählte er ein wenig über den im Baum friedlich vor sich
hin schlafenden Koala, der sein Leben damit zubringt, nährstoffarme
Eukalyptusblätter zu verspeisen und danach, aufgrund des Nährstoffmangels, 18
bis 20 Stunden des Tages zu verschlafen. In seinen Wachstunden frißt er oder
paart sich. Ein gutes Leben.
Weiter ging es mit einer Python, die er sich
um den Hals legte und einem kleinen Krokodil, das er mitbrachte. Obwohl ich
anschließend unglaublich gern ein weiteres Koalabild gehabt hätte, gingen wir
dann weiter (wäre auch bescheuert gewesen, ich weiß…). Was ich zu diesem
Zeitpunkt nicht wußte: ich würde viel tolleres erleben. Beim weiteren Durchwandern
des Zoos hüpften uns plötzlich kleine Wallabies über den Weg, die sehr
zutraulich waren, sich füttern und streicheln ließen.
Je weiter wir kamen, desto mehr davon wurden
es, und es kamen noch andere Wallabie-Arten und schließlich sogar Kängurus
dazu. Ich kreischte eigentlich nur noch und war völlig verzückt von den
zutraulichen Tieren, in deren Gegenwart ich offenbar wieder zur Fünfjährigen
werde. Auch der Liebste machte sich mit den Kleinen vertraut:
Nachdem wir auch ein paar Krokodile, allerlei
Vogelarten und einen weiteren Cassowary gesehen hatten,
verließen wir nach 1,5 Stunden den Tierpark
und begaben uns wieder in den Bus, um zum Daintree River zu fahren, wo uns ein
„Croc cruise“ erwartete. Dazu begaben wir uns in ein kleines Boot, das von
einem lustigen Australier, der ab und zu auch Deutsch sprach, über den Fluß
gesteuert wurde, um die dort lebenden Krokodile zu bestaunen. Er begann die
Fahrt mit den Worten: „Anything could happen, I hope you survive, good luck!“
Bald nach dem Start sahen wir auch schon ein
kleines Krokodil auf dem Schlamm sitzen und hielten, während der Kapitän
einiges über die Fauna und Flora des Daintree Rivers erzählte, Ausschau nach
den großen Krokodilen im Fluß. Leider verpaßten wir die Kolosse, erspähten aber
noch ein weiteres kleines und schließlich einen immerhin ca. 2,5m langen
Krokofreund, der sich an Land sonnte. Bilder hat sicher der Liebste. Am anderen
Ufer angekommen, ging es wieder in den Bus und zu einem sehr schönen Look out,
von dem aus man den Regenwald und die Küste bestaunen konnte:
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Auf dem Daintree River durch den Regenwald fahren: eine gute Sache |
Anschließend gab es Mittagessen, bei dessen
Zubereitung ausschließlich Cornelius und ich halfen, während der Rest der auch
sonst ziemlich unangenehmen Gruppe doof dreinschaute. Die nächste und letzte
Station war ein „Rainforest Boardwalk“, also eine Tour durch den Regenwald.
Jeremy, der uns schon während der vielen Busfahrerei mit allerlei Fakten und
Aboriginee-Geschichten unterhalten hatte, erklärte uns die verschiedenen
Pflanzen und einige Tiere in diesem unheimlich dichten, vor Leben strotzenden
Stück Regenwald. Kein Quadratcentimeter blieb dort unbedeckt, alles wucherte
und wuchs, wild und grün.


Nach diesem knapp einstündigen Ausflug wurden
wir dann an einem kleinen Strand abgesetzt, an dem fast niemand außer uns war.
Das war in Cape Tribulation und muß sonst recht populär sein, aber wie schon so
oft in diesem Urlaub kam es uns zugute, daß momentan einfach keine Reisesaison
ist in Australien. Es ist Frühlingsanfang. Ein mit ca. 30°C in Cairns zwar doch
recht warmer, aber dennoch kommen die Touristen vornehmlich im Sommer. Wir
genossen einmal mehr die Weite und das Meer



und wurden, vor der dreistündigen Rückfahrt,
noch mit Saft und Keksen versorgt. Nachdem Jeremys unerträgliche Reaggae-CD
einmal durchgelaufen war, legte er Ambient-Musik auf, die eigentlich ganz schön
war und gut zur untergehenden Sonne über dem dampfenden Regenwald bzw. dem
mondbeschienenen Ozean passte, die auf der Heimfahrt an uns vorüberzogen. Vor
diesen Kulissen ließ ich mir nochmal durch den Kopf gehen, wie sehr ich doch
schon gedanklich in Australien versunken bin und wie gut mir die fast vier
Wochen hier getan haben. Als wir endlich da waren, ging es noch kurz zum
Einkaufen – auf dem Rückweg hatte ich eine Begegnung mit einer riesigen
Fledermaus – und nach ein paar organisatorischen Dingen auch schon recht bald
ins Bett.
Am kommenden Tag schliefen wir erstmal etwas
länger, denn das Programm war ziemlich entspannt: nach einem Kuchenfrühstück
machten wir uns gegen halb zehn auf zum „Reef Fleet Terminal“, wo wir unsere
Tickets für die Bootstour nach Green
Island abholten. Wir hatten die „Green Island Discovery Tour“ gebucht, für die
es zum Glück keinen Guide gab und wir die Zeit so ganz nach unserem Geschmack
gestalten konnten. Green Island ist eine kleine Insel mitten im Great Barrier
Reef, 50 Bootsminuten von Cairns entfernt. Wir fuhren mit einem großen und
recht schnellen Katamaran
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Kein gutes Bild, aber cool. Soundtrack: Klick! |
und kamen pünktlich an. Ich hatte mir von der
Tour ein wenig Schnorchelspaß versprochen und rechnete nicht damit, wirklich
spektakuläres zu erblicken; vielleicht mal einen Fisch hier und eine Koralle
dort. Doch die Fahrt auf dem Glasbodenboot, die uns direkt nach der Ankunft
erwartete, sollte mich eines besseren belehren: kaum war das Boot, auf dem
außer uns ausschließlich Asiaten und sehr alte Australier mitfuhren,
losgefahren, schwamm unter uns schon ein riesiger Fischschwarm daher. Der recht
markige Bootsfahrer warf etwas Futter ins Wasser, woraufhin sie wild hin und her
schwammen, was vom Boot aus recht ulkig aussah. Dann ging es weiter über tolle
Korallenriffe und vorbei an vielen verschiedenen Fischen, riesigen Muscheln und
Seegurken. Schließlich erspähten wir sogar noch eine riesige Schildkröte, die
am Fuße eines Korallenriffs schlummerte.


Nach der Bootsfahrt begingen wir unsere
großspurig angekündigte „Exclusive self-guided eco tour“, die sich als weiterer
Rainforest Boardwalk entpuppte. Green Island ist winzig und je zur Hälfte mit
einem schönen Touristenresort und dem Regenwald bedeckt, das Ganze gesäumt von
Traumstränden.
Wir liehen uns schließlich eine
Schnorchelausrüstung und dann ging es zum Highlight der Tour, zumindest für
mich: es wurde sich am Traumstrand bei Traumwetter ins Wasser begeben und
durchs Great Barrier Reef geschnorchelt.
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Ein schoenes Bild. |
Absolut beeindruckend und wunderschön! Wir
schnorchelten ganz nah vorbei an bizarren und tollen Korallenformationen und
dutzenden von bunten, schillernden Fischen aller Farben, Muster und Größen. Ich
war völlig von den Socken und bin es auch jetzt noch, wenn ich daran denke.
Plötzlich entdeckte ich eine riesige Schildkröte und rief aufgeregt dem
Liebsten zu, er möge sich zu mir begeben – dann verfolgten wir den gemütlich
grasenden und ab und zu zum Luftholen auftauchenden Schildkrötenfreund eine
Weile lang, tauchten zu ihm hinunter, schwammen mit ihm und freuten uns an
seinen an den Flügelschlag eines Vogels erinnernden und ungemein eleganten
Schwimmbewegungen. Beim weiteren Schnorcheln erblickte ich sogar einen recht
großen Rochen, der direkt vor mir vorbeizog. Ein ganz phantastisches Erlebnis,
das ich niemals vergessen werde. Nachdem an Land noch ein Eis verzehrt wurde,
ging es, an schönen Landschaften und aufgewühlten Himmeln vorbei zurück nach
Cairns, wo wir uns noch entspannten und auf den letzten, ganz freien Tag
freuten.





Über diesen unseren letzten Tag werde ich
nichts berichten, denn es ist unser freier Tag, an dem sich nur entspannt
werden soll. Vor uns liegt eine so anstrengende Rückreise, die aus vier
Teilflügen besteht, das wir den morgigen Tag mit Ausschlafen, einem ausgiebigen
Frühstück, der Erkundung der Stadt und der Salzwasserlagune, Nichtstun und dem
Betrachten eines abendlichen Feuerwerks verbringen werden. Dann kommen wir
hoffentlich gesund von diesem Abenteuer wieder.
Bevor ich jetzt ein kleines Resümee verfasse,
komme ich noch zu einer sehr interessanten Aufzählung: Tiere, die wir – außer
im Red Centre – in freier Wildbahn gesehen haben:
-
Fledermaus
(Cairns)
-
Schnabeligel
(Wye River)
-
Kängurus
(Halls Gap)
-
Rochen (Green
Island)
-
Allerlei
Fische (Green Island)
-
Riesige
Schildkröte (Green Island)
-
Koalas (Otway
National Park)
So, nun beschließe ich meine Blogberichte und
ich muß sagen, daß ich recht wehmütig werde, wenn ich daran denke, wieder nach
Deutschland zu fliegen. Diese Zeit hier war so wunderbar und hat mir einen so
großartigen Fleck Erde näher gebracht, daß ich am liebsten noch viel länger
bleiben würde. Aber ich weiß auch, daß es der Reiz des Neuen ist, der mich hier
gepackt hat, deswegen (und wegen dieser Kleinigkeit mit der Zeit und dem Geld)
muß nun der Heimweg angetreten werden. Unsere Reise war toll durchgeplant und
verlief reibungslos; und wir haben so viele Facetten dieses Landes gesehen.
Die Offenheit und Schönheit Sydneys.
Der etwas verborgenere, intimere Charme
Melbournes.
Das wilde Meer und die kantigen Küsten der
Great Ocean Road mit ihren Naturmonumenten.
Die weiten, satten Graslandschaften
Südaustraliens.
Die unendlich scheinenden Eukalyptuswälder und
schroffen Berge der Grampians.
Den langweiligen Kleinstadtcharakter von
Adelaide.
Die lebensfeindliche Wüste des Outback, aber
auch die Majestät der roten Steinungetümer Uluru, Kata Tjuta und King’s Canyon.
Die tropische Hitze und die paradiesischen
Strände des australischen Nordens.
Und natürlich die Freundlichkeit und Offenheit
der Menschen in Australien.
Es war eine großartige Reise und ich hoffe
inständig, daß wir wieder an diesen wunderschönen Ort zurückkehren werden.
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Ich weiss, sieht aus wie eine Zwiebel und ist geographisch auch nicht ganz korrekt... aber you get the point. |