Dienstag, 5. September 2017

Bizarro Korea!

Südkorea ist nicht nur geographisch weit weg, es ist auch sehr weit von westlichen Gepflogenheiten und dem, was unsereins so „normal“ findet, entfernt. Seit ich Korea am,  Incheon Flughafen betrat, begegneten mir so viele merkwürdige, schräge und/oder bizarre Leute, Dinge und Anblicke, daß ich sie hier mal gesammelt habe.

Gleich als erstes zum Beispiel diese K-Pop-All-Girl-Band, die direkt am Flughafen auftrat und die Leute mit, äh, ja so was wie Musik begrüßte, gesungen wurde in komischen Micky-Maus-Stimmen (erinnerte mich irgendwie hieran).


Ja, der Koreaner schaut sich gerne Beach-Damen-Sumoringen an, na und?


Die Fernbusse sind hier nicht nur sehr nobel, mit breiten, sehr bequemen Ledersitzen mit weit nach hinten klappbaren Lehnen und zwei breiten Armstützen, nein, die Fahrer dieser Karossen vervollständigen den Eindruck der Noblesse noch durch die stets getragenen Glasséehandschuhe.


Bloß ihre Fahrweise, die an eine Mischung aus in Zeitnot geratenem Henker und lebensmüdem Ralleyfahrer erinnert und die den häufigen und leidenschaftlichen Einsatz der Hupe (statt Bremse) vorzusehen scheint, paßt nicht ganz ins Bild.

Warum sollte es in der Küche eines Selbstversorgerappartements irgendein Schneid- oder Schmierwerkzeug geben, wenn man statt dessen auch stählerne Chopsticks, lächerlich-winzige Playmobilgabeln und, ja, was auch immer diese zusammengequetschten Minilöffel sein sollen, haben kann?

Daß der Koreaner den meisten Nationen technologisch (interessanterweise aber nicht was Auffassungen zu Gleichberechtigung und Homosexualität angeht) voraus ist, bemerkt man nicht nur am wirklich überall (auch auf Berggipfeln) verfügbaren, sehr guten (mobilen) Internet, sondern auch an den Gerätschaften für die eher… nun… grundlegenderen Bedürfnisse (ja, Generation Y, es gibt noch grundlegendere Bedürfnisse, als überall online zu sein): den Klos. Ich habe es wirklich genossen, mich wie ein Barbar zu fühlen, als ich vor meinem Klo stand und nicht wußte, wie es verdammichnocheins funktioniert.


Ich habe mal einen der 13 (!) natürlich koreanisch beschrifteten Knöpfe gedrückt aber als daraufhin ein versteckter Ventilator meinen Allerwertesten bestürmte und sich gleichzeitig die Brille aufheizte, entschloß ich mich, lieber nicht weiter zu prüfen, was der Gerät noch so alles kann (am besten versteckt war übrigens der Spülknopf).

Was dem Koreaner an Bartwuchs fehlt, macht offenbar sein Eis wett. Aber keine Sorge, sie rasieren es hier vor dem Servieren und tun rote Bohnen dabei. Alles gut.


 Koreanische Schilder:

Äh, wie belieben?

Ah so, dann geht’s ja.

Ich weiß gar nicht, worüber ich mich beim folgenden Schild am meisten gefreut habe, aber ich war begeistert vom Alte-Leute-Stock, dem mysteriösen Pancel-Raum und davon, daß man hier offenbar Hürth-Knapsack kennt :D


Wenn das hier bei den koreanischen Ninja als Tarnkleidung durchgeht, mit der man vor dem Hintergrund verschmilzt, dann können die sich aber höchstens an einen ranschleichen, der gerade high auf Acid ist


 In koreanischen Kaufhäusern gibt es Kundenbegrüßungeverbeugerinnen mit Schlips


und koreanische Kaufhausmusik. Da gab's auch das:


Nee, ich muß auch sagen: der mit Abstand nächstliegende Name für eine koreanische Hemdenfirma ist „Autobahn“. Nuff said.

Offenbar hat auch der Koreaner seine Teenie-Idole. Statt aber kreischenderweise diesen Personen an ihren Hotels aufzulauern und wurfhalber Unterbekleidungsteile und/oder Plüschtiere im Rahmen eines Auftritts zur freien Verwendung zuzustellen, kleben sie lieber Post-Its an U-Bahn-Plakate. Charmant unaufdringlich:

man(n?) ist gerne androgyn in K-Pop-Kreisen
Koreanische Geschäftsbeschriftung:

ich...äh... ja... whatever Dude


Und dann war da noch dieses Schild, das es an vielen Orten in Seoul zu sehen gab:

worüber de Onkel wohl so traurig ist? Darüber, daß in Seoul KTX-Züge fahren, auf deren Windschutzscheiben leere, leicht ausgebeult wirkende Uniformjacken mit aufgeklappter schwarzer Kapuze mitfahren und er selbst nur so 'ne doofe Schlagballmütze hat?
Wenn man zwischendurch hungrig wird, kann man bei "Big Guy's Lobster" einkehren und von der Lobster-Puppe am Eingang wochenlang Alpträume bekommen:


Und wenn man dann das nach dem Lobster-Fressen spack gewordene Gesicht erschlanken lassen möchte, muß man nur dieses praktische Produkt zum Gesichtsabnehmen erwerben, mit dem man auch noch besonder intellektuell aussieht:


Montag, 4. September 2017

Das Korea-Experiment - Teil III (you're my heart, you're my Seoul)

Man weiß irgendwie gar nicht, wo man anfangen soll, diese gewaltige Stadt zu erkunden, weil schon die einzelnen Stadtviertel im Zentrum Seouls sehr verschieden (ich wohnte übrigens ausgerechnet in Gangnam, ihr wißt schon...), dabei ungeheuer groß und kaum in vertretbarer Zeit zu erlaufen sind, besonders nicht, wenn man wenig Zeit für’s Touristsein hat.
Und Seoul schläft nicht: die ganze Nacht auch unter der Woche ist was los; viele Läden haben rund um die Uhr geöffnet und es gibt eine solche Vielzahl gleichartiger und ähnlicher Läden (und hier ist der Einfluß westlicher Ketten sehr deutlich zu merken), daß ich keine Ahnung habe, wie die sich alle halten können.
In Seoul scheint einfach alles riesig zu sein: allein die Metrostationen sind zum Teil so gewaltig groß, daß das Umsteigen in eine andere Linie länger dauert, als in anderen Städten gleich zu Fuß dahin zu gehen, wo man hin will. Ich berichte im Folgenden über ein paar der Sehenswürdigkeiten, die ich besucht habe: 


Erstmal 'nen Überblick verschaffen - Der N-Seoul-Tower
Zum Seouler-Fernsehturm, dem "N-Seoul-Tower", der seinerseits auf einem Berg steht und daher besonders hoch herausragt, zu gelangen ist aufwendig. Man muß mindestens 50 Minuten Metro fahren und dann mit einem Shuttlebus auf den Berg hoch (wenn man, wie ich mit meiner Zyste im Zeh, keine Lust zu laufen hat).  Bereits vom Berg am Fuß des Turms bietet sich einem ein beeindruckender Anblick auf die Riesenstadt:



Wenn man dann aber mit dem Turboaufzug, unterhalten durch folgende Animation:


ganz nach oben gefahren ist, haut's einen um.  Seoul überwältigt durch seine Größe!

BÄM!
weit weg von daheim


Der Gyeonbokgung-Palast
Es gibt eine ganze Reihe von Palästen in Seoul, die wohl zum Teil noch aus der Joseon-Zeit herrühren, ich habe aber nur den größten und bekanntesten besucht, genannt „Gyeonbokgung“, dessen gewaltiges Tor „Gwanghwamun“ eines der Wahrzeichen Seouls ist.


 Fertiggestellt wurde er im 14. Jhdt., er ist aber im Laufe der Geschichte mehrmals (fast vollständig) zerstört und wieder aufgebaut worden.

 


 Zufällig fand genau zu meiner Besuchszeit auch der Wachwechsel statt, was, egal in welcher Stadt auf der Welt man ist, immer ein alberner Mummenschanz ist, so auch hier.

ulkige Onkels in Karnevalsklamotten und Federn auf'm Hut tun alberne Dinge

 Ehrlich gesagt fand ich es nicht so arg spannend. Das ganze ist ein großes, staubiges Gelände, auf dem eine Reihe von ziemlich ähnlich aussehenden „typisch ostasiatischen“ Buden stehen, die, klar, prunkvoll und architektonisch interessant ungewohnt sind, aber abendfüllend war das ganze sicher nicht.

Das koreanische Nationalmuseum
Der Gigantismus als charakteristisches Seouler Konzept setzt sich auch hier fort, denn das Ding ist riesig. Schon die Eingangshalle erschlägt einen:



Von dieser geht ein endlos langer Gang ab, von dem rechts und links die Ausstellungsräume abgehen und das ganze gibt es dann über drei Stockwerke. Das Ganze war, wie viele Orte in Seoul, in Topzustand, supersauber, hochglanzpoliert aber auch etwas steril. Man müßte Tage aufwenden, um wirklich alles sehen zu können, denn geboten werden Exponate aus der koreanischen Früh-, Kunst- und Religionsgeschichte beginnend mit Funden aus der Frühzeit.

 


Alles sehr ansprechend und ästhetisch in großzügigen Räumen in Szene gesetzt und stimmungsvoll beleuchtet.


Der Bongeun-sa-Tempel
Vom Tagungsort aus mußte man wirklich nur einmal über die Straße, um diesen buddhistischen Tempel zu erreichen, der auf seinem kleinen Hügelchen mittem im chicen Gangnam und umgeben von blitzendem Chrom, Glas und Hochhäusern einen sehr interessanten Kontrast darstellt.

also, die Swastiken sind doch immer wieder verstörend

Das Ding ist uralt und wurde in seiner ursprünglichen Form bereits im 1 Jhdt. u.Z. gegründet, seitdem aber oft umgebaut und –gestaltet. Man betritt die Anlage durch Jinyeomun, das „Tor der Wahrheit“,


das von vier Wächtern bewacht wird. Hier sind zwei von ihnen:



Einen großen Buddha zur Anbetung gab's natürlich auch:


Und er hatte da eben auch seine Bude zu stehen


und einen Platz mit unzähligen Gebetslampions, an die die Leute ihre Gebete ranpappen können. In jedem einzelnen steckt eine Glühbirne und ich finde es schade, daß ich das nicht mal nachts gesehen habe:


Lotte-World
So nenne ich mal diesen Teil von Gangnam, wo zu Füßen des im Jahr 2017 fünfthöchsten Gebäudes der Welt, dem 555 m hohen „Lotte Tower“ ein Vergnügungspark, ein riesiges, 10- stöckiges Nobelkaufhaus, „Lotte Department Store“, und eine ebenso riesige Mall, halb nobel, halb normal, die „Lotte World Mall“

Mall vor Turm

da drin gab es auch ein Kino, vor dessen Klo die Teenage Mutant Ninja Turtels standen. See:

v.l.n.r.: Donatello, ich

Und durch die Mall kam man auch zur Seoul Concert Hall

heute: Ente mit einer Concert Hall
liegen. Dieser Turm ist wirklich gewaltig und sieht neben beeindruckend auch recht ästhetisch aus,




aber da der Koreaner meinte, nur dafür, da mal hochfahren zu dürfen, ca. 20 € aufrufen zu müssen, verzichtete ich, der ich ja Seoul bereits vom N-Tower von oben gesehen hatte, dankend.

Miscellani
Joah und dann bin ich noch hier und da so ein bißchen rumgelaufen. Z.B. im Expat-Viertel Itaewon, wo es entspannt und ziemlich international zugeht (in der Nähe ist so eine Ami-Basis und das Kriegsdenkmal habe ich mir mal geschenkt). Vor allem aber gab es da einen


Endlich! Da wollte ich immer schonmal was essen, aber in Deutschland gibt es das ja leider nicht, wir haben ja bloß so'n Kack wie Subway. Habe mir Burrito und Taco gegönnt und sage

s'lecker. Brauchen wir in D auch.

Außerdem war ich in Dongdaemun, wo es ein, äh, anstrengendes "Design Plaza" gibt


und davor eine Wiese mit künstlichen Blumen, die LED-Lampen enthalten und die ich ebenfalls sehr gerne mal im Dunkeln sehen würde

 
Seoul ist übrigens nicht überall shiny-blingbling-chic, es gibt auch etwas "realere" Ecken, zum Beispiel in Hongdae, wo es auch sehr viele Studenten gibt. Dort ging ich durch eine Passage, die offenbar ausschließlich Einheimischen zum Erwerb von ausschließlich Schuhen dient: 


 Naja und davon gehen dann auch so kleine Schangelgässchen ab, an deren Ende rauchende Oppas sitzen


Und das hier war mein Abschiedsbild aus dem Bus zum Flughafen:

jagbyeol insa, Seoul!


Fazit

Trotz des Gefühls permanenter Überforderung durch die Überfülle des Angebots, es Seoul eine tolle, faszinierende Stadt, modern, sauber, weltoffen und trotz seiner enormen Größe irgendwie entspannt, in der es unbeschreiblich viel zu entdecken, zu probieren, zu essen, zu sehen und zu tun gibt und der ich durch meine kurze Zeit hier nicht annähernd gerecht werden konnte. Da muß man wohl nochmal hin.