Dienstag, 5. September 2017

Bizarro Korea!

Südkorea ist nicht nur geographisch weit weg, es ist auch sehr weit von westlichen Gepflogenheiten und dem, was unsereins so „normal“ findet, entfernt. Seit ich Korea am,  Incheon Flughafen betrat, begegneten mir so viele merkwürdige, schräge und/oder bizarre Leute, Dinge und Anblicke, daß ich sie hier mal gesammelt habe.

Gleich als erstes zum Beispiel diese K-Pop-All-Girl-Band, die direkt am Flughafen auftrat und die Leute mit, äh, ja so was wie Musik begrüßte, gesungen wurde in komischen Micky-Maus-Stimmen (erinnerte mich irgendwie hieran).


Ja, der Koreaner schaut sich gerne Beach-Damen-Sumoringen an, na und?


Die Fernbusse sind hier nicht nur sehr nobel, mit breiten, sehr bequemen Ledersitzen mit weit nach hinten klappbaren Lehnen und zwei breiten Armstützen, nein, die Fahrer dieser Karossen vervollständigen den Eindruck der Noblesse noch durch die stets getragenen Glasséehandschuhe.


Bloß ihre Fahrweise, die an eine Mischung aus in Zeitnot geratenem Henker und lebensmüdem Ralleyfahrer erinnert und die den häufigen und leidenschaftlichen Einsatz der Hupe (statt Bremse) vorzusehen scheint, paßt nicht ganz ins Bild.

Warum sollte es in der Küche eines Selbstversorgerappartements irgendein Schneid- oder Schmierwerkzeug geben, wenn man statt dessen auch stählerne Chopsticks, lächerlich-winzige Playmobilgabeln und, ja, was auch immer diese zusammengequetschten Minilöffel sein sollen, haben kann?

Daß der Koreaner den meisten Nationen technologisch (interessanterweise aber nicht was Auffassungen zu Gleichberechtigung und Homosexualität angeht) voraus ist, bemerkt man nicht nur am wirklich überall (auch auf Berggipfeln) verfügbaren, sehr guten (mobilen) Internet, sondern auch an den Gerätschaften für die eher… nun… grundlegenderen Bedürfnisse (ja, Generation Y, es gibt noch grundlegendere Bedürfnisse, als überall online zu sein): den Klos. Ich habe es wirklich genossen, mich wie ein Barbar zu fühlen, als ich vor meinem Klo stand und nicht wußte, wie es verdammichnocheins funktioniert.


Ich habe mal einen der 13 (!) natürlich koreanisch beschrifteten Knöpfe gedrückt aber als daraufhin ein versteckter Ventilator meinen Allerwertesten bestürmte und sich gleichzeitig die Brille aufheizte, entschloß ich mich, lieber nicht weiter zu prüfen, was der Gerät noch so alles kann (am besten versteckt war übrigens der Spülknopf).

Was dem Koreaner an Bartwuchs fehlt, macht offenbar sein Eis wett. Aber keine Sorge, sie rasieren es hier vor dem Servieren und tun rote Bohnen dabei. Alles gut.


 Koreanische Schilder:

Äh, wie belieben?

Ah so, dann geht’s ja.

Ich weiß gar nicht, worüber ich mich beim folgenden Schild am meisten gefreut habe, aber ich war begeistert vom Alte-Leute-Stock, dem mysteriösen Pancel-Raum und davon, daß man hier offenbar Hürth-Knapsack kennt :D


Wenn das hier bei den koreanischen Ninja als Tarnkleidung durchgeht, mit der man vor dem Hintergrund verschmilzt, dann können die sich aber höchstens an einen ranschleichen, der gerade high auf Acid ist


 In koreanischen Kaufhäusern gibt es Kundenbegrüßungeverbeugerinnen mit Schlips


und koreanische Kaufhausmusik. Da gab's auch das:


Nee, ich muß auch sagen: der mit Abstand nächstliegende Name für eine koreanische Hemdenfirma ist „Autobahn“. Nuff said.

Offenbar hat auch der Koreaner seine Teenie-Idole. Statt aber kreischenderweise diesen Personen an ihren Hotels aufzulauern und wurfhalber Unterbekleidungsteile und/oder Plüschtiere im Rahmen eines Auftritts zur freien Verwendung zuzustellen, kleben sie lieber Post-Its an U-Bahn-Plakate. Charmant unaufdringlich:

man(n?) ist gerne androgyn in K-Pop-Kreisen
Koreanische Geschäftsbeschriftung:

ich...äh... ja... whatever Dude


Und dann war da noch dieses Schild, das es an vielen Orten in Seoul zu sehen gab:

worüber de Onkel wohl so traurig ist? Darüber, daß in Seoul KTX-Züge fahren, auf deren Windschutzscheiben leere, leicht ausgebeult wirkende Uniformjacken mit aufgeklappter schwarzer Kapuze mitfahren und er selbst nur so 'ne doofe Schlagballmütze hat?
Wenn man zwischendurch hungrig wird, kann man bei "Big Guy's Lobster" einkehren und von der Lobster-Puppe am Eingang wochenlang Alpträume bekommen:


Und wenn man dann das nach dem Lobster-Fressen spack gewordene Gesicht erschlanken lassen möchte, muß man nur dieses praktische Produkt zum Gesichtsabnehmen erwerben, mit dem man auch noch besonder intellektuell aussieht:


Montag, 4. September 2017

Das Korea-Experiment - Teil III (you're my heart, you're my Seoul)

Man weiß irgendwie gar nicht, wo man anfangen soll, diese gewaltige Stadt zu erkunden, weil schon die einzelnen Stadtviertel im Zentrum Seouls sehr verschieden (ich wohnte übrigens ausgerechnet in Gangnam, ihr wißt schon...), dabei ungeheuer groß und kaum in vertretbarer Zeit zu erlaufen sind, besonders nicht, wenn man wenig Zeit für’s Touristsein hat.
Und Seoul schläft nicht: die ganze Nacht auch unter der Woche ist was los; viele Läden haben rund um die Uhr geöffnet und es gibt eine solche Vielzahl gleichartiger und ähnlicher Läden (und hier ist der Einfluß westlicher Ketten sehr deutlich zu merken), daß ich keine Ahnung habe, wie die sich alle halten können.
In Seoul scheint einfach alles riesig zu sein: allein die Metrostationen sind zum Teil so gewaltig groß, daß das Umsteigen in eine andere Linie länger dauert, als in anderen Städten gleich zu Fuß dahin zu gehen, wo man hin will. Ich berichte im Folgenden über ein paar der Sehenswürdigkeiten, die ich besucht habe: 


Erstmal 'nen Überblick verschaffen - Der N-Seoul-Tower
Zum Seouler-Fernsehturm, dem "N-Seoul-Tower", der seinerseits auf einem Berg steht und daher besonders hoch herausragt, zu gelangen ist aufwendig. Man muß mindestens 50 Minuten Metro fahren und dann mit einem Shuttlebus auf den Berg hoch (wenn man, wie ich mit meiner Zyste im Zeh, keine Lust zu laufen hat).  Bereits vom Berg am Fuß des Turms bietet sich einem ein beeindruckender Anblick auf die Riesenstadt:



Wenn man dann aber mit dem Turboaufzug, unterhalten durch folgende Animation:


ganz nach oben gefahren ist, haut's einen um.  Seoul überwältigt durch seine Größe!

BÄM!
weit weg von daheim


Der Gyeonbokgung-Palast
Es gibt eine ganze Reihe von Palästen in Seoul, die wohl zum Teil noch aus der Joseon-Zeit herrühren, ich habe aber nur den größten und bekanntesten besucht, genannt „Gyeonbokgung“, dessen gewaltiges Tor „Gwanghwamun“ eines der Wahrzeichen Seouls ist.


 Fertiggestellt wurde er im 14. Jhdt., er ist aber im Laufe der Geschichte mehrmals (fast vollständig) zerstört und wieder aufgebaut worden.

 


 Zufällig fand genau zu meiner Besuchszeit auch der Wachwechsel statt, was, egal in welcher Stadt auf der Welt man ist, immer ein alberner Mummenschanz ist, so auch hier.

ulkige Onkels in Karnevalsklamotten und Federn auf'm Hut tun alberne Dinge

 Ehrlich gesagt fand ich es nicht so arg spannend. Das ganze ist ein großes, staubiges Gelände, auf dem eine Reihe von ziemlich ähnlich aussehenden „typisch ostasiatischen“ Buden stehen, die, klar, prunkvoll und architektonisch interessant ungewohnt sind, aber abendfüllend war das ganze sicher nicht.

Das koreanische Nationalmuseum
Der Gigantismus als charakteristisches Seouler Konzept setzt sich auch hier fort, denn das Ding ist riesig. Schon die Eingangshalle erschlägt einen:



Von dieser geht ein endlos langer Gang ab, von dem rechts und links die Ausstellungsräume abgehen und das ganze gibt es dann über drei Stockwerke. Das Ganze war, wie viele Orte in Seoul, in Topzustand, supersauber, hochglanzpoliert aber auch etwas steril. Man müßte Tage aufwenden, um wirklich alles sehen zu können, denn geboten werden Exponate aus der koreanischen Früh-, Kunst- und Religionsgeschichte beginnend mit Funden aus der Frühzeit.

 


Alles sehr ansprechend und ästhetisch in großzügigen Räumen in Szene gesetzt und stimmungsvoll beleuchtet.


Der Bongeun-sa-Tempel
Vom Tagungsort aus mußte man wirklich nur einmal über die Straße, um diesen buddhistischen Tempel zu erreichen, der auf seinem kleinen Hügelchen mittem im chicen Gangnam und umgeben von blitzendem Chrom, Glas und Hochhäusern einen sehr interessanten Kontrast darstellt.

also, die Swastiken sind doch immer wieder verstörend

Das Ding ist uralt und wurde in seiner ursprünglichen Form bereits im 1 Jhdt. u.Z. gegründet, seitdem aber oft umgebaut und –gestaltet. Man betritt die Anlage durch Jinyeomun, das „Tor der Wahrheit“,


das von vier Wächtern bewacht wird. Hier sind zwei von ihnen:



Einen großen Buddha zur Anbetung gab's natürlich auch:


Und er hatte da eben auch seine Bude zu stehen


und einen Platz mit unzähligen Gebetslampions, an die die Leute ihre Gebete ranpappen können. In jedem einzelnen steckt eine Glühbirne und ich finde es schade, daß ich das nicht mal nachts gesehen habe:


Lotte-World
So nenne ich mal diesen Teil von Gangnam, wo zu Füßen des im Jahr 2017 fünfthöchsten Gebäudes der Welt, dem 555 m hohen „Lotte Tower“ ein Vergnügungspark, ein riesiges, 10- stöckiges Nobelkaufhaus, „Lotte Department Store“, und eine ebenso riesige Mall, halb nobel, halb normal, die „Lotte World Mall“

Mall vor Turm

da drin gab es auch ein Kino, vor dessen Klo die Teenage Mutant Ninja Turtels standen. See:

v.l.n.r.: Donatello, ich

Und durch die Mall kam man auch zur Seoul Concert Hall

heute: Ente mit einer Concert Hall
liegen. Dieser Turm ist wirklich gewaltig und sieht neben beeindruckend auch recht ästhetisch aus,




aber da der Koreaner meinte, nur dafür, da mal hochfahren zu dürfen, ca. 20 € aufrufen zu müssen, verzichtete ich, der ich ja Seoul bereits vom N-Tower von oben gesehen hatte, dankend.

Miscellani
Joah und dann bin ich noch hier und da so ein bißchen rumgelaufen. Z.B. im Expat-Viertel Itaewon, wo es entspannt und ziemlich international zugeht (in der Nähe ist so eine Ami-Basis und das Kriegsdenkmal habe ich mir mal geschenkt). Vor allem aber gab es da einen


Endlich! Da wollte ich immer schonmal was essen, aber in Deutschland gibt es das ja leider nicht, wir haben ja bloß so'n Kack wie Subway. Habe mir Burrito und Taco gegönnt und sage

s'lecker. Brauchen wir in D auch.

Außerdem war ich in Dongdaemun, wo es ein, äh, anstrengendes "Design Plaza" gibt


und davor eine Wiese mit künstlichen Blumen, die LED-Lampen enthalten und die ich ebenfalls sehr gerne mal im Dunkeln sehen würde

 
Seoul ist übrigens nicht überall shiny-blingbling-chic, es gibt auch etwas "realere" Ecken, zum Beispiel in Hongdae, wo es auch sehr viele Studenten gibt. Dort ging ich durch eine Passage, die offenbar ausschließlich Einheimischen zum Erwerb von ausschließlich Schuhen dient: 


 Naja und davon gehen dann auch so kleine Schangelgässchen ab, an deren Ende rauchende Oppas sitzen


Und das hier war mein Abschiedsbild aus dem Bus zum Flughafen:

jagbyeol insa, Seoul!


Fazit

Trotz des Gefühls permanenter Überforderung durch die Überfülle des Angebots, es Seoul eine tolle, faszinierende Stadt, modern, sauber, weltoffen und trotz seiner enormen Größe irgendwie entspannt, in der es unbeschreiblich viel zu entdecken, zu probieren, zu essen, zu sehen und zu tun gibt und der ich durch meine kurze Zeit hier nicht annähernd gerecht werden konnte. Da muß man wohl nochmal hin.

Samstag, 26. August 2017

Das Korea-Experiment - Teil II

Vierter Tag
Kaiserwetter schon beim Aufwachen? Ditt lob ick mir, wa? Beste Voraussetzungen, um meine seoraksanbezogenen Wandervorhaben in die Tat umzusetzen. Für heute hatte ich mir vorgenommen, erst den Heundeulbawi-Felsen zu besuchen und von dort auf den Gipfel des Ulsanbawi (knapp 900 Höhenmmeter wären zu überwinden) zu kraxeln und anschließend noch den Biryong-Wasserfall zu sehen und von dort noch zum Towangseong-Wasserfall-Beobachtungsposten hochzusteigen. Wie sich zeigen sollte, ein durchaus ambitioniertes Programm!

Gleich nach dem üblichen self-made-Frühstück ging's los - draußen war es schon ordentlich warm und da die Klimaanlage im Bus im Rektum war, war ich schon leicht angeschwitzt, als ich im Park ankam. Ich erwarb weiserweise noch ein Zweitpülleken Wassers und machte mich dann unverzüglich an den Anstieg zum Felsen. Zunächst ging es durch einen angenehm schattigen Wald entlang eines charmanten Bächlein. Es war zunächst nur ein seichter Anstieg und kein schwieriger Untergrund und doch fühlte ich mich irgendwie unfit, vielleicht wegen der ca. 36°C in der Sonne, wodurch es auch im Schatten lecker warm war.
Ich kam an einem kleinen eher schäbigen Tempelchen mitten im Wald vorbei, in dessen Hof neben den auf der Wäscheleine trocknenden Plünnen ein Mönch hockte und? Betete? Sang? Nix da, er daddelte, wie ca. 98% aller Koreaner die ganze Zeit auf seinem Mobiltelephon. Buddha hatte Pause. Und Pause machte auch ich, nachdem ich mir durch das wegrollen eines Kiesels ein nettes Rastplätzchen geschaffen hatte:

man muß ihn sich als einen glücklichen Menschen vorstellen :'-(


Nach einer Weile, der Anstieg war schon deutlicher geworden und zwischenzeitlich kam mir noch ein West-Tourist, natürlich ein Düsseldorfer, mit freiem Oberkörper entgegen (die Koreaner mochten's offensichtlich nicht), erreichte ich einen weiteren Tempel, wo es auch Wasser und eben den berühmten Heundeulbawi-Felsen zu bewundern gab:

Aufgang zum Schrein in einer Höhle, auf dem Felsen daneben kleine Steinbuddhas

der "Wackelfelsen", davor antikes Reliefgraffiti, dahinter der Tempel. Man kann das Ding tatsächlich mit etwas Kraft zum Wackeln bringen, aber umkippen is' nicht, habe es versucht :)


Für viele endete die Wanderung hier, denn sie traten nach dem Photo mit dem Felsen den Rückweg an. Warum, verstand ich, als ich den Weg zum Gipfel einschlug. Das war scheißenanstrengend und ich habe nicht nicht geölt! 600 m supersteil über Felsbrocken und Steine nach oben, die letzten ~100 m auf einer nicht enden wollenden Treppe an der Felswand

da mußte ich noch rauf


Was mich echt erstaunt und beeindruckt hat: da waren richtig alte Leute unterwegs. Unfassbar, wie fit die koreanischen Senioren sind! Eine ganze Reihe von denen sind da allen Ernstes hochgestiegen. Ok, die sind sicher die Temperaturen besser gewohnt und auch sehr gemächlich gegangen aber trotzdem: deutsche Senioren in diesem Alter würden es nichtmal zum Tempel mit dem Felsen schaffen, geschweige denn bis zu dem Gipfel. War jedenfalls 'ne fiese Plackerei bis da hoch, doch es hat sich sowas von gelohnt, ich konnte mich am Anblick kaum sattsehen:







ist es hier so kalt oder bin das ich?

Oben traf ich dann auch ein paar Westler: einen aus Bochum, eine aus Kanada und einen aus...Tralien  ;-) (Der Bochumer half mir, das mit den Rentnern zu verstehen: in Korea sind die Alten wohl richtig sport- und bewegungsbegeistert und in Seoul, wo er schon war, seien die den ganzen Tag draußen und an so öffentlichen Fitnessgeräten zugange). Bei 'nem kleinen Päuschen gesellte sich dieses kleine Kerlchen dazu


dem ich mit einem Stückchen Banane sichtlich eine Freude machen konnte :-).
Aber et half ja nix: wir mußten wieder runter, ich wollte ja an dem Tag noch den Wasserfall sehen, auch wenn bei dem Gedanken meine Knie nur so mittelbegeistert waren. Der Abstieg ging schneller und war weniger schweißtreibend aber dennoch anstrengend und eine echte Herausforderung für die Gelenke und die Trittsicherheit. Am späten Mittag waren wir wieder am Ausgangspunkt und ich stärkte mich mit einmal ...äh... Koreanisch:

das oben links ist wohl "Kimchi", das oben rechts ist kein Schinken sondern so ne Art Kohl, die Flüssigkeit war glaube ich Rinderspucke, in die einer reingefurzt hatte (so schmeckte sie jedenfalls) und das unten links war sehr lecker

Der Weg zum Wasserfall führte erstmal, wie gewöhnlich, an einem murmelnden Bächlein entlang, das mit Anstieg und höherem Anspruch des Weges über Steine, etwas lebhafter wurde und zu einer Fußbadpause einlud:


Auch dieser Weg war nicht ganz einfach und mit den 900 Höhenmetern in den Beinen war das kein Klacks. Irgendwann ging es über eine Hängebrücke



und dann war es auch schon nicht mehr weit zum 16m hohen Biryong-Wasserfall, der übersetzt etwa "Fliegender Drachen"-Wasserfall heißt: einer Sage zufolge wurde eine junge Frau einem Drachen, der im Wasserfall lebte, geopfert, damit dieser sich in den Himmel erhöbe und eine verheerende Dürre abwende. Was auch immer der Koreaner geraucht hat...



Zugegeben, nicht so der Klopper das Ding, ganz nett ja und schön gelegen aber nicht sensationell. Ich fragte mich daher, ob ich wirklich noch auf diese Beobachtungsplattform steigen sollte, von der ich annahm, daß man von ihr aus den Wasserfall besser/von oben würde sehen können. Wenn ich schon hier bin, dachte ich und ging zum Aufstieg, wo ein Schild was von 400 m sagte. Und zwar fast senkrecht nach oben über ca. 1000 Treppenstufen! Meine Knie und Oberschenkelmuskeln erkundigten sich mittels kleiner Anfrage, ob ich sie eigentlich verarschen wolle, doch es gab keine Gnade. Mit brennenden Beinen ging es 400 m in die Höhe. Und, Junge, hat sich das gelohnt, das war jede Treppenstufe wert! Was ich da oben fand, war überwältigend und ich bin bestimmt 30 Minuten staunend und innerlich jubelnd da oben gesessen:



Die Bilder geben leider nur völlig unzureichend die Schönheit dieses Anblicks wieder: Hoch über dieser wunderbaren, sonnenüberfluteten Landschaft in Sichtweite der golden beschienenen Gipfel und mit atemberaubenden Blick auf das silberne Band eines Wasserfalls, der sich weit in der Ferne die Flanke eines Bergs hinabstürzt. Unvergesslich!

Beschwingt und bereichert eierte ich die 1000 Stufen wieder runter und den Weg vom Wasserfall und durch die Felsenlandschaften zurück zum Ausgang, wo ich mit der untergehenden Sonne und malträtierten Gehwerkzeugen den Park bester Dinge verließ und mich schon auf den dritten Besuch freute.

Fünfter Tag
Wieder Bombenwetter! Alles klar: Frühstück rein, Corn raus und in Bus Richtung Seoraksan. Ich wollte heute noch die Biseondae-Felsen sehen und zur Geumganggul-Höhle hochsteigen. Auf die Idee, an einem Samstag bei tollem Wetter ihren beliebtesten Nationalpark aufzusuchen waren aber wohl auch…alle anderen Koreaner gekommen, so daß ich meinen ersten Stau in Korea erlebte, woraufhin die Fahrt doppelt so lange dauerte wie gewöhnlich. Egal, ich hatte ja das grandiose neue Album von Der Weg einer Freiheit „Finisterre“, das am Tag zuvor endlich erschienen war. Irgendwann kamen wir an und ich marschierte gleich los. Wieder war da diese Erscheinung, daß ich mich irgendwie platt und unfit fühlte, obwohl ich nur 3 km über einen schönen, leicht zu gehenden Waldweg entlang eines hübschen Gebirgsbachs mit kristallklarem Wasser lief (worin ich abermals ein Fußbad nahm). Bald jedoch begann der Weg anzusteigen und wieder steinig und schwieriger zu werden, es ging weiter entlang des Flusses durch ein sonnendurchflutetes Tal,


 über einige Brücken bis zum Fuß der beeindruckenden Biseondae-Felsen (heißt soviel wie Felsen der fliegenden Feen):  

 


 Man beachte auch folgende Zoomaufnahme des rechten der beiden Zinken

der Typ war ganz oben auf dem Felsen!
Als ich dort ankam, war ich durchgeschwitzt und hatte schon mehr als die Hälfte meines Wassers verbraucht, es war Mittag, die Sonne ballerte und es waren mindestens 35°C. Gut, dachte ich, dann noch eben schnell zur Höhle hoch. Man sollte sich im Seoraksan diese „eben schnell“-Gedanken abgewöhnen, denn der Aufstieg zur Höhle, die in die nackte Felswand gekloppt worden war, betrug 600 m! Und wieder ging es über Stein und Geröll, Stock und Stein steil bergauf. Laut Wanderkarte war dieser Abschnitt eine „schwarze Piste“ „for the advanced only“. Kommt hin. Ich schnaufte und schwitzte beim Anstieg und fand es enorm anstrengend. Wenigstens waren diesmal weniger Rentner unterwegs. Von einer Zwischenstation aus boten sich bereits phantastische Ausblicke.





Um eine Idee für die Höhe zu bekommen: die Kletterer, die ich eben von ganz unten gesehen hatte, konnte ich inzwischen von etwas oberhalb betrachten!



Als ich dann, schon ziemlich geschafft, den Blick hob und das endgültige Ziel des Aufstiegs gewärtigte,


meldeten sich sofort Knie und Oberschenkel und signalisierten: „Alter, nein! Tu uns das nicht an!“. Als ob ich jetzt umdrehen würde! Also rauf da. Wieder ging es Hunderte Stufen hoch, die letzten Meter auf einer uralten Steintreppe, bei der die Stufen natürlich lustig wechselnde Höhen hatten, teilweise ca. 50-60 cm, so daß man die Beine richtig martern und zugleich extrem aufpassen mußte, keinen falschen Schritt zu machen, sonst wär’s abwärts gegangen. Hoffentlich ist die Höhle das hier wert, dachte ich. Ums kurz zu sagen: war sie nicht.

Es war eher ein Verschlag, ca. 20 qm, der vor allem als buddhistischer Schrein diente und tatsächlich saß da ein Mönch, trommelte und sang,

der hatte zwei der vier "Stimmen Buddhas" dabei: eine Glocke und so eine Art Holzfisch, auf den er draufkloppt, als Percussionsinstrument

das arme Schwein muß hier wahrscheinlich jeden einzelnen Tag hochkraxeln! Jedenfalls bleibste da in Form, während die paar armen Irren, die sich in der prallen Sonne da hochgequält hatten, ausruhten (wenigstens war es drinnen angenehm kühl) und ihre Wasservorräte mit an den Wänden runterlaufendem, trinkbarem Bergwasser auffüllten. Einige stiegen noch ein kleines Stück in die kleine Betkaverne hoch und warfen sich, Unverständliches brabbelnd, dem dort wohnenden Buddha zu Füßen und schenkten im Reis (glaube ich). Ich saß still da, genoß den Ausblick

wenigstens der Ausblick war zum Schrein ;-)

und den meditativen Gesang des Mönchs und ärgerte mich nicht, dort hochgestiegen zu sein.
Der Mönch ist übrigens nicht der einzige, der hier wohnt:

Buddy, das buddhistische Tempelhörnchen

Beim Abstieg passierte etwas merkwürdiges: ich ging vorsichtig und eher betulich die steile Strecke über die Steinbrocken abwärts, als ich hinter mir sich nährende Schritte gewahrte, die deutlich schneller waren, als die meinen. Ich blickte mich um, erwartete irgendsoeinen Fitneß-Angeberkoreaner und sah mit Entsetzen, daß da statt dessen eine Großmutter mit albernem Hut, dahinter ihr nicht minder betagter Gatte, mich zu überholen ansetzten! Nie! Im! Leben! sagte ich mir und erhöhte mein Tempo, um diese Schmach zu verhindern, wodurch aus dem gemächlichen Abstieg ein halsbrecherisches, haarsträubendes und kniefolterndes Bergabrennen wurde, die beiden Gerontengemsen mir ständig am Hacken klebend, bei dem ein falscher Schritt mein letzter gewesen wäre.

da ging's runter

Aber ich habe es durchgehalten und konnte diese beiden lächerlich fitten Alten abhängen, als sie schließlich eine Pause einlegten. Dampfend, adrenalinpumpend und mit brüllenden Knien und Oberschenkeln kam ich wieder am Fuße der Zwillingsfelsen an und mußte über mich selber lachen. Wenigstens war es so ziemlich schnell gegangen :D
Der Rückweg zum Ausgang zog sich dann doch ’ne Weile, die Beine hatten den gestrigen Tag keineswegs vergessen und waren gerade erneut erbarmungslos in die Pflicht genommen worden, so spazierte ich gemächlichsten Tempos zurück. Ein redseliger und des Englischen in vergleichsweise respektablem Maße kundiger Altkoreaner, der, wie er mir erzählte, (natürlich!) gerade von einer mehrstündigen Bergtour komme, erläuterte mir ungefragt einige Details zu den Reliefschriftzeichen auf dem Boden vor den Biseondae-Felsen,
600 Jahre seien die schon alt und etwas ganz Besonderes, was sie bedeuten, verschwieg er
zeigte auf die Kletterer in luftiger Höhe über uns und fragte, warum ich nicht auch dort klettern wolle. Auf meine Auskunft, daß ich nicht die nötige Ausrüstung dabei hätte, hier eh keinen kenne und Klettern nur so mittelspannend finde, lachte er sich kaputt, als seien dies absurd unzureichende Gründe, winkte seinen Neffen (?), einen drahtigen, freundlich aussehenden Jungspund, heran und stellte ihn mir als „this one here, he’s very good“ vor. Gut zu wissen, nehme ich an? Der Jüngling nickte verlegen, lächelte und ließ uns stehen. Anschließend wollte der Alte noch Details zu meiner Kamera wissen und ob ich Photograph sei (die wenigsten Koreaner haben noch richtige Kameras, fast alle fertigen ihre Aufnahmen nurmehr vermittels ihrer Smarttelephone), er habe nämlich selbst auch eine Nikon und finde dies eine nachvollziehbare Wahl. Als er und seine Gruppe schließlich rasten wollten, wünschten wir einander noch einen „nice trip“ und ich legte das letzte Stück zum Ausgang allein zurück.
Dort füllte ich einer netten Dame vom Park einen Fragebogen aus und machte mit etwas Wehmut noch ein Abschiedsbild mit dem Symboltier dieses grandiosen Nationalparks,


 von dem ich nicht weiß, ob ich ihn wiedersehen werde, dessen Besuch ich aber jedem, der auch nur in die Nähe Koreas kommt, dringend empfehlen muß.
Daheim schmiß ich das Klimamopped an und die geschundenen Füße/Beine auf einen Hocker und ruhte aus. Abends wollte ich noch ’was Anständiges essen und fuhr zu diesem Behufe mit dem Bus nach Sokcho rein, um, einer Empfehlung folgend, ein kleines Restaurant aufzusuchen und dort gegrillte Garnelen zu verzehren. Das war echt seltsam und an dieser kleinen, eher schäbigen und offenbar vor allem von Einheimischen frequentierten Klitsche 

ja, mit Einmalfolie auf den Tischen, nackten Glühbirnen an der Decke und ne laminierte Speisekarte anne Wand jenagelt

ja, mit Glotze inne Ecke, Plastikstühlen, Papiertuchspender und Ventilatoren mitten in der Bude
stellte sich noch mal der Kontrast dar, den ich schon zuvor in Sokcho und meiner Pension wahrgenommen hatte: Eigentlich hat Korea eine gute Infrastruktur mit mobilem Internet auch auf dem letzten Berggipfel und fast alles funktioniert reibungslos. Dennoch gibt es immer wieder mitten in der Stadt direkt neben Hochglanzkaffeeläden und Modekettenfilialen diese unbeschreiblich unordentlichen und immer irgendwie fettig, knüsselig und improvisiert wirkenden Lädchen und Kaschemmchen, voller überbelegter Steckdosen, tropfender Rohre und mit Panzerband und Draht ausgebesserter Dinge, die z.B. nach deutschen Normen so niemals betrieben werden dürften. Wenn man reingeht, fühlt man sich eben nicht mehr wie in einem der fortschrittlichsten Länder und führenden Industrienationen der Welt, sondern mehr wie irgendwo in China auf dem Land.
So auch in meinem Restaurant, wo die Kellnerin vier Worte Englisch konnte und irrtümlich annahm, ich wolle das „grilled fish set“, das ich weder wollte noch bestellt hatte, bis ich ihr, die diese falsche Bestellung schon an die Küche gegeben hatte, vermittels wilden Auf-die-Karte-Zeigens, Kopfschüttelns und der Verwendung aller vier ihr bekannten englischen Worte, klarmachen konnte, daß ich statt dessen die gegrillten Garnelen begehrte. Zusammen mit einer ganzen Batterie von Vor- und Nebenspeisen kamen die dann auch irgendwann und schmeckten gut.

ich vermute anhand von Aussehen und Geschmack, in den kleinen Schalen befand sich folgendes (v.l.n.r.): scharf gewürzter, marinierter Fisch, Minifrikadellen, Krautsalat mit Pistaziensauce (nicht Wasabi, wie ich zuerst dachte), dünne Streifen Hühnerfleisches, Kimchi, irgendwie angemachte grüne Bohnen (ich habe sie probiert und für immer noch nicht lecker aber auch nicht so schlimm, wie in meiner Erinnerung befunden)
Zum Abschluß erhielt ich noch eine Schale mit heißer Flüssigkeit, in der so etwas wie Reis oder Grieß (?) schwamm und die, ich schwöre es, nach absolut nichts schmeckte. Wirklich, keinen Funken Geschmack. Keine Ahnung, was das war oder ob ich nur nicht wußte, was man damit anfangen soll (vielleicht hätte ich das als Opfergabe für irgendwen stehen lassen sollen?), aber nach 4 Löffeln war ich es leid und ließ es sein Bewenden haben.
Zurück in der Pension packte ich vor der Bett- bzw. Couchruhe schon mal das Gröbste zusammen und versammelte alle noch übrigen Lebensmittel für ein kärgliches Frühstück, das ich am nächsten Morgen, bevor es zum Bus nach Seoul gehen sollte, einnehmen wollte.

Reisetag und Ankunft in Seoul
Nach dem Aufstehen verzehrte ich ein merkwürdig improvisiertes Frühstück aus Ei, Milch, Erdnußbutter und Banane, checkte beim freundlichen und namenlos gebliebenen Pensionsbesitzer aus, der mich und mein Gelumbe netterweise noch schnell zur Bushaltestelle brachte und fuhr nach Sokcho zum „Express Bus Terminal“, wo angeblich jede Stunde ein Bus nach Gangnam in Seoul fahre. Als ich um halb elf ein Ticket erwarb, wurde mir jedoch mitgeteilt, daß der Bus erst um 12.40 Uhr abfahre. Spitze. Also saß ich diese Zeit lesend und schreibend im dankenswerterweise benachbarten sowie mit klassisch desinteressiert-unfreundlich-gelangweilter Teenie-Omse (das scheint eine international bindende Norm für Kaffeeandrehsen zu sein) hinter dem Tresen ausgestatteten Kaffeeladen ab.
Doch es kam noch viel schlimmer, denn mein ÖPNV-Fluch scheint auch in Korea ungebrochen zu sein: wir gerieten im innen ziemlich merkwürdig aussehenden und deutlich weniger komfortablen (verglichen mit der Hinfahrt) Bus in einen Monsterstau und brauchten knapp 5 statt der avisierten 2 Stunden L Es zog und zoooog sich und neben knackte stets auf Tuchfühlung (eine Zwischenarmlehne gab’s nicht) eine Koreanerin der fernen Ankunft entgegen

Koreanerin, knackend, in Bus, merkwürdig

Dann, endlich, das erste Schild, auf dem von „Seoul“ (in lateinischer Schrift) die Rede war! Dann kann’s, dachte ich Unschuld vom Lande, ja nicht mehr so weit sein. Geschissen. Hat von da an noch ne Stunde gedauert, um vom Rande Seouls zur Busstation in Gangnam zu kommen. Da begann ich bereits zu ahnen, wie riesenhaft, wie kolossal diese Stadt ist. Irgendwann war es dann soweit, ich stand in Seoul in einem Busterminal. Allein das war schon so groß wie in anderen Städten der Hauptbahnhof. Ich fragte mich zur Metro durch, erwarb ein Ticket und fand mit etwas Mühe und mithilfe einer App heraus, mit welchen Bahnen ich wie fahren und wo umsteigen mußte, um nach „Samseong“ zu kommen, wo mein Hotel ist. Unglaublich, wie groß auch die Metrostationen hier sind! In Samseong angekommen, nahm ich einen (den falschen) der 7 (!) Ausgänge und wurde erstmal vom Anblick der gewaltigen Hochhäuser überall um mich herum erschlagen und spürte, was es heißt, wirklich mitten in Seoul mit seinen knapp 10 Mio Einwohnern zu sein, gegen das selbst New York irgendwie überschaubar wirkt

irgendwo in Seoul

Nach längerem Staunen und Eingewöhnen navigierte mich mittels Internet und Google Maps zum Hotel,

das Peyto war's

wo ich eincheckte und räumlich deutlich beengter, dafür sauberer und moderner als in Sokcho zu hausen kam. Nach kurzer Rast, Duschung und Lebensgeisterneuerweckung nahm ich Kontakt zu Kollegen auf, die schon seit demVortag in Seoul waren und nach einem Tag touristischer Aktivitäten gemeinsame Abendspeisung begehrten. Mit Hilfe (oder muß es hier „trotz“ heißen?) der navigatorischen Bemühungen einer Kollegin irrte ich eine Weile durch Gangnam, bis ich endlich zur Truppe stieß und wir nach kurzem Lokalwechsel tatsächlich doch noch etwas zu essen bekamen:

"hot pot" mit Rindfleisch, so ne Art "Stew", dazu die üblichen Beilagen, wobei davon das auf dem kleinen Teller ganz links am fiesesten aussah und am besten schmeckte

Danach war ich rechtschaffen erledigt und strebte durch's nächtliche Seoul

steht da so rum zur allgemeinen Ergötzung

der für den nächsten, letzten reinen Tourismus-Tag erforderlichen Nachtruhe zu. Und damit endet auch die tagebuchartige Erzählung und gehe ich zu einer allgemeinen und selbstredend bebilderten Schilderung der Attraktionen und Sehenswürdigkeiten Seouls über.