Dienstag, 14. Juni 2022

Und? Wie schön ist Málaga?

 

Malagueños salerosos!

Soundtrack zum Trip

Och, eigentlich ganz schön. Oder sagen wir, es hat viele Schöne Ecken und Straßen und Plätze. Aber auch schäbbige. Doch von vorn. Wie kam es, daß ich ausgerechnet in die Stadt fuhr, deren Name ein Eis trägt, das ich nie essen würde, es aber im Gegensatz zu Amerikanern in Amerika auch dort gibt?

Weil wir nach Spanien wollten. Bzw. irgendwohin, wo es warm ist und "Wasser" (wie der Reisegefährte immer sagt) hat. Und da bot sich Spanien an, auf dessen Festland überdies keiner von uns vorher war und dessen Landessprache ich sogar inzwischen beherrsche. Dann haben wir geschaut, wo man halbwegs einfach hinkommt, was bei den am Meer gelegenen Städten in der Tat nur bei Málaga der Fall war: et voilá bzw. y presto: Málaga it was - ein Kinder der Pragmatik nicht der Leidenschaft (kamma jama machen). Das ist übrigens die zweitgrößte Stadt Andalusiens, ca. 'ne halbe Mio. Leute wohnen da.

Anfang Frühjahr buchten wir also Flüge von einem rheinischen und dafür, daß er einem unbedeutenden, inzestgebeutelten Dorf am Rhein und einem seiner unbedeutenden Nebenarme zugehörig ist, recht großen Flughafen nach Málaga. Da man dort aber fand, man könne so unwichtige Tätigkeiten wie den Sicherheitscheck aus staatlicher in private Hand geben (was sich ja inzwischen hundertfach und stets bewährt hat) und die ausübende Firma völlig überraschenderweise zur Profitmaximierung viel zu wenig Personal eingesetzt hatte, überschlugen sich die Medien kurz vor unserem Trip mit hysterischen Berichten über Monsterschlangen, stundenlanges Anstehen vor dem Sicherheitscheck, Schreckensnachrichten von verpassten Flügen und dergleichen: 

Panik allenthalben!

Seufzend und "willkommen in Deutschland 2022" denkend brachen wir also viele Stunden vor Abflug auf, innerlich auf einen äonenlangen, zombieschlurfenden Aufenthalt in einer Warteschlange eingestellt. Wir erreichten den Flughafen per ÖPNV absolut reibungslos, doch dann kam es! Ich war noch nie so schnell vom Betreten eines Flughafens im Post-Security-Abflugbereich wie an diesem Tag, es dauerte keine 10 Minuten. Selbstverständlich. Schlangen? Chaos? Personalmangel? Iwo. Entweder wir waren einer Ente aufgesessen oder die Damen und Herren Medienschaffenden hatten sich im Flughafen geirrt oder ihr Handwerk in einem Genderstudies-Studiengang an einer deutschen Uni im Jahr 2022 gelernt. 

So brachten wir also kopfschüttelnd Stunde um Stunde in Duty-free-shops, beim verfügbaren Kaffee-Höker mit Kaffe für 4 € die Tasse und, als der uns rauskehrte, um mitten am Tag dichtzumachen, dem naheliegenden Bistro zu. Als es endlich Zeit war, zum Gate zu gehen, wurde uns nonchallant mitgeteilt, daß der Flieger verspätet und später dann kapott sei und man eine Ersatzmaschine finden müsse. Das dauere, was man bedauere, aber man wolle ja, wenn man sich den kleinen Scherz erlauben dürfe, daß das Flugzeug auch fliege. Durfte man nicht. Am Ende hoben wir ca. zwei Stunden verspätet und bester Laune ab, hatten also insgesamt ca. 5-6 h an diesem verdammten Flughafen zugebracht - was uns aber, da wir uns in guter Gesellschaft fanden, nicht zu arg anfocht, wie es ja auch hätte sein können. Der Flug selbst, einmal in der Luft, brachte uns zielstrebig nach Málaga,


wo uns schon der Taxist Miguél erwartete, der uns schweigend durch die elenden, augenpeinigigen und mich, hätte ich dort zu wohnen, wohl in eine Depression stürzenden Vororte Málagas

jjj
da denkt man sich, selbst wenn man sich gerade runterstürzt im Vorbeifliegen noch: Bah, wat schäbbig!

zu unserer Pension, dem blauen Haus "Casa azúl" kutschierte:

eine Pension wie die Stadt: alt, nicht chique, bißchen angeschmuddelt, aber mit anglaufenem Charme, netten Leute, gemütlich und alles da, was man braucht

wo uns die sympathische Zimmerwirtin Carolina freundlich empfing und, erfreut dies, wie ich sie wissen lies, auf Spanisch tun zu können, über die örtlichen Gegebenheiten, Empfehlungen für Speisen und zu besichtigende Dinge aufklärte. Wir bezogen unsere dunkle und eckige Bude, die dankenswerterweise nicht nur klimatisiert, sondern auch mit sagenhaften bequemen Betten, sowie einem Scheißhaus mit kariertem Boden und königlichen, deckenhohen (nicht aber abschließbaren) Doppelschwingportalen ausgestattet war, warfen unser Gelumpe hinein, suchten schnell der Supermercado ums Eck auf, 

Mercadona. Kleines Lädchen, macht abends dicht und sonntags nicht auf. Wir haben leider keinen einzigen richtig großen Supermarkt gesehen, um mal gucken zu können, was es da so gibt...

um uns Drinks, Knusperknasper und Toilettenbedarf, darunter auf Wunsch eines einzelnen Reisegefährten einen dreiviertel Litel Schlumpfwichse kornblumenblaues Duschgel, zuzulegen und strebten dann schnell der Altstadt zu, da es auf die Neune ging, wann also selbst der Spanier langsam zu dinieren erwägt, und uns der Magen in den Knien hing. Und so kamen wir alsbald und in Sichtweite des römischen Theaters

römisches Theater zu Füßen des Maurenkastells "Gibralfaro"

im Tapas-Laden, dem "La Plaza Málaga" zu sitzen, wo uns die bisher besten Tapas meines 29-jährigen Daseins kredenzt wurden.

Estabamos in ciel!!

So. Und wie ist es denn nun, dieses Málaga? Tja. Das kann man nicht mit einem Wort beantworten. Sicher ist, es hat viel Schönes, vor allem die (autofreie) Alt- und Innenstadt ist wirklich toll und erinnerte mich mit ihren Farben, Bauweisen und -formen sowie dem maritimen Flair und den allgegenwärtigen Palmen sofort an das ganz deutlich Südeuropäische das mir aus Nizza so tiefvertraut ist, mit, statt wie dort italienischen, hier arabischen Einflüssen. Es gibt dort grandiose Plätze,

schöne alte Gebäude in prächtigen Farben, 

 


 so kolonialstilmäßig falls das so heißt (kam mir jedenfalls so vor, man schaue sich nur das Rathaus an:

wenn das nicht aussieht, wie so ein südamerikanisch-bananenrepublikanischer Diktatorenplazzo, dann weiß ich es auch nicht),

enge, schattige Gässchen, Filialen bekannter Ketten neben kleinen lokalen Krautern, Brunnen, ungezählte Fressläden, den phantastischen Mercado de Ataranzanas

Museen (Málaga nennt sich selbst auch Stadt der Museen, wir haben es aber (bei 30°C übrigens) auch nur in dieses Schabernack-Museum geschafft




(wen interessiert schon der olle Krickelpit Picasso, der von hier kam und dem sie ein eigenes Museum hingestellt haben - der konnte eh nicht malen)) und noch zahlreichere Kirchen, die oft nicht freistehend sondern in die Wohnblöcke eingelassen sind

 

und in mehreren derer am zweiten Tag unseres Besuchs auch geheiratet wurde. Dort müßig und bei bestem Sonnenwetter zu lustwandeln, war grandios, zeitlos und fühlte sich ungemein urlaubig an und viele Touristenkommilitonen aus diversen Ländern empfanden das wohl ebenso.

ABER. Málaga ist auch eine "echte" Stadt, also nicht nurmehr eine gefällige, seelenlose Hülle, ein entkerntes, sterlisiertes Konstrukt, das möglichst viele Touristen in möglichst vielen Bettenburgen aufnehmen soll, wodurch ihm Gesicht und Profil längst verloren gegangen wäre. In Málaga, nicht nur aber vor allem außerhalb der Innenstadt, wohnen in vielen häßlichen und elenden Buden 

vermutlich viele echte Leute mit echten Problemen und richtigen Berufen (also nicht Animateur, Surflehrer oder Saufliedinterpret). 

Der Strände gibt es zwar viele,

z.B. die Malagueta, schön mit Reifenspuren und verschossenen, schlaffen Bannern

doch sie sind weit entfernt von Prospekthochglanz eher leicht angeranzt, mit schmuddelig wirkendem, schmutzfarbenen Sand, in dem die Touristen nicht wie die Ölsardinen liegen, sondern verstreut, hier und da

vielleicht ist es im "echten" Sommer auch viel voller hier, aber heiß und sommerlich genug zum Baden war es allemal

und an manchen Abschnitten auch kaum. 

Es gibt keinen Holtelservice und keine Cocktails am Strand, überhaupt keine Strandhotels, stattdessen wird man allerorten vom Rauch der Feuer umweht, in dem einfache kleine Strandrestaurants Fisch für die Paella, die sie dort servieren, grillen:

und man sieht auch viele spanische Touristen, analog vielleicht den Deutschen, die an die Ostsee fahren. 

Und wenn dann abends die Sonne untergeht und die Farben sich verändern, wird es doch auch richtig schön (auch wenn einen die Silhouetten der Hafenkräne im Hintergrund davon abhalten, zu ramontisch zu werden): 

Natürlich gibt es auch ein Nachtleben, mit Clubs und Bars und Restaurants, wo man tut, wie der Spanier tut, also erst so gegen 23 Uhr zu Abend ißt - aber es ist alles nicht so exzessiv und abscheulich, so mit proletenden Sauftouristen, Eimersaufen, Ützeütze- und "Buchse-runter-Bier-ist-alle"-Akustikfolter allerorten, vielmehr ist alles auf Spanisch (nur manchmal Englisch) beschriftet und die Leute sagen "Hola" oder "Buenas tardes", nicht "Hallowiegäits?" wenn man wo reinkommt. 

Aber auch in der Innenstadt finden sich Schmuddelecken und Unschönes, Verwahrlostes,

stell Dir mal vor, Du wohnst da drin

regelrecht  Heruntergekommenes

das soll angeblich so eine Art Fluß sein...

pretty much

Und wenn man den Vorzeige- und Flanierbereich verlässt, um z.B. den Friedhof von San Miguel zu besuchen und auf dem Weg dahin











auch einmal durch echte Wohnviertel strawanzt, wo die Malagueños mehr oder weniger unter sich, 

darunter natürlich auch Spinner,

 sind wird es eben auch echter und weniger glamourös:

Ach ja, fun fact am Rande: der Malagueño findet es sinnvoll, seinen Friedhof am Sonntag zuzusperren. Wer kommt schon an einem freien Tag, der für die Katholen ja auch noch irgendwie besonders ist, bei bestem Wetter auf die Schnapsidee, zum Friedhof zu gehen?! Völlig stulle die Vorstellung. Wie es dort so ist, muß der geschätzte Leser also andernorts in Erfahrung bringen. Was ich sagen kann, ist, daß unmittelbar davor zwei strikt getrennte Hundeparks liegen, wobei das Trennungskriterium die Grenze zwischen über und unter 10 kg Lebendhundemasse ist. Ist ja logisch. Die spinnen, die Spaniel... äh Spanier.

Natürlich und nicht zuletzt haben wir in Málaga auch und ausschließlich formidabel gegessen. CHUNGE! Das wird mir von diesem Ausfluge wohl am besten und liebsten in Erinnerung bleiben. Erst diese grandiosen Tapas am ersten Abend (s.o.), dann die vom Reisegefährten vehement eingeforderte, frischestmögliche und am Strand servierte Paella:

Churros mit Chocolate zwischendurch:

weil Churros alleine zu wenig nahrhaft sind, taucht man sie, damit sie besser rutschen, schön in die dicke Tschocklade ein! S'besser!

oder abermals sensationelle Tapas, darunter der verdammtnochmal beste Jamón Iberico, der mir je zu genießen vergönnt war: 

schweinelecker! - Sch'flippeaus hier!

Was mir übrigens auch gut gefallen und mir eine gewisse Zufriedenheit beschert hat, war, daß ich hier mein mir selbst beigebrachtes Spanisch zum ersten Mal in freier Wildbahn mit echten Spanischsprechern (die kein Deutsch können) ausprobieren konnte und daß es sehr gut funktioniert hat und ich sogar Komplimente dafür bekam. Es hat sich gut angefühlt, in ein fremdes Land zu kommen, und alles lesen und verstehen zu können, was man so sieht und auch mit den Leuten in dem Land sprechen zu können, ohne ihnen aufzuzwingen, sich ranziges Englisch abzuquälen. Fühlte sich jut an, hat mer jefallen und Lust auf mehr Spanien gemacht.

Alles in allem war es ein wirklich schöner, intensiver Ausflug in den Süden, in die Sonne, nach Málaga, wohin, darin waren wir uns allerdings auch einig, wir nicht unbedingt nochmal müssen (es sei denn, es läge am Wege), da wir annahmen, daß es sich schnell abnutzen könnte, was wir aber sehr gerne kennengelernt haben.


(Reisezeit: 02.06.-04.06.22)