Montag, 5. September 2022

Washington, Rhode Island, New York und das Ende einer Reise

Die Maschine war ein Linienflieger mit nicht für Langstrecken ausgelegten Sitzen, die also noch schmaler und unbequemer waren, als sonst und an Schlaf war daher in den 4,5 h, die der Flug dauerte, nicht zu denken, allenfalls an instabiles, unerholsames Dösen. Entsprechend totmüde schälte ich mich, in Washington gelandet, aus meiner Rattenfalle von Sitz und torkelte in den Flughafen von Dulles (also eigentlich gar nicht Washington).

Von dort, so hieß es, führe nur ein „Metrobus“ die 40 Kilometer bis nach Washington. Ich fand dessen Haltestelle, zahlte, als er kam, mit der schon in Deutschland angekauften virtuellen Karte für den Washingtoner ÖPNV und jökelte im Halbschlaf in die Hauptstadt. Dort stieg ich in einer nicht gerade Qualitätsgegend aus und in einen noch trashigeren anderen Bus (die in den USA übrigens nicht für Leute mit großen Koffern gedacht und entsprechend unkommod sind) ein, mit dem ich in die Nähe meines Hotels, des Capital Hilton gelangte. Dort, es war gegen 8 Uhr, ließ man mich wissen, daß mein Zimmer erst gegen 16 Uhr bezugsfertig sei, man könne aber meinen Koffer solange aufbewahren. Einigermaßen zerknirscht ob der Perspektive, nun 8 Stunden rumhängen zu müssen, ging ich erstmal in einem Mäckes in Sichtweite des weißen Hauses etwas frühstücken und kontaktierte dann meine Minions von der Arbeit, die schon vor mir in der Stadt angekommen waren. Einer war so nett, mir sein Zimmer für zwei Stunden zur Verfügung zu stellen, so daß ich duschen und zwei Stunden die Augen zu machen konnte, um bis abends durchhalten zu können.

Das Wetter in Washington war eine noch größere Zumutung als in Las Vegas: es war auch sehr (vielleicht nicht ganz so) heiß, aber dazu extrem schwül, so daß man, bewegte man sich draußen, unverzüglich in fulminante Transpiration verfiel. Im Kontrast dazu waren alle Hotels, Museen etc. auf arktische Temperaturen gekühlt, so daß es, bewegte man sich nicht , ebenfalls unangenehm wurde.

In der Tat verhinderte das Wetter, daß ich mehr Tourismus betrieb, als ich es tat. Ich sah daher lediglich die Villa Biden aus der Nähe

hab geschellt, hat keiner aufgemacht

den Pinnökel

mit Sonnenaufgangssonne und Wolkenschatten

das eingerüstete Kapitol

ist das noch vom 6.1.21?

und das reflektierende Becken zu Füßen des Lincoln Memorial

mal sehen, wann es die Woken abreißen werden :-/

Wirklich schön fand ich die „Wharf“/Waterfront, wo wir einen Abend verbrachten.

schön so mit Holz und Lämpchen

Ich hab noch kurz bei den Kollegen vom FBI vorbeigeschaut:

Scully und Mulder waren aber unterwegs
 

Außerdem waren wir im Museum of the American Indian, was, wie viele andere Attraktionen in Washington, sehr erfreulicherweise gratis war.

das isses.

Das Museum, dessen Direktor ein Mann aus dem Stamm der Pawnee ist, war gut gemacht, sowohl ästhetisch als auch pädagogisch. Im Zentrum stand die Geschichte der Vertreibung der Indianer durch die europäischen Siedler und der Genozid, den diese an jenen begangen haben. 

 

Es wurde auch differenziert dargstellt, daß sich durchaus einige Stämme an der Sklaverei beteiligten und im Bürgerkrieg auf Seiten der Konföderierten standen, so von wegen edle Wilde. Mir fehlte jedoch sowohl eine Darstellung der Lebensweise, Traditionen, Anschauungen, Techniken etc. der Indianer vor der Zeit der Einwanderung als auch zur heutigen Zeit in den Reservaten. Wenigstens ein paar eindrucksvolle Artefakte gab es zu sehen:




Daß 2,3% der Landfläche der USA Reservate und ca. 2% der Einwohner Indianer sind und daß der Staat über 500 Stämme als souveräne „Nations“ anerkennt, habe ich selbst herausgefunden. Mich hätte aber interessiert, wie es in den Reservaten ist, ob die Indiander dort völlig frei Gesetze machen und schalten und walten können, ob sie durchschnittlich häufiger von Arbeitslosigkeit und Alkoholismus betroffen sind oder nicht.

Insgesamt habe ich aber neben dem Kongress tatsächlich nicht viel von Washington mitbekommen und war auch nicht sonderlich angetan davon. Eine typische amerikanische Stadt mit typischem quadratischen Straßenplan, mediokrem ÖPNV und hohen Preisen. Ich habe auch keine „Vibes“, keine spezifische Stimmung in der Stadt aufgenommen. Es fiel mir, im Kontrast zu San Francisco und Las Vegas aber auf, daß es keine Wolkenkratzer gibt, weil in dieser Stadt kein Gebäude höher sein darf, als das Kapitol. Stattdessen gibt es natürlich einen Haufen mehr oder weniger gleich aussehender, weißer, neoklassizistischer Protzbauten und man kann aus der Ferne unmöglich sagen, ob es das National Archive, das Department of the Interior, die National Portrait Gallery oder irgendwas anderes ist.

Sicher ist Washington eine interessante und natürlich wichtige Stadt, in der es enorm viel zu sehen und zu tun gibt. Aber auf mich ist der Funke nicht übergesprungen. Vielleicht muß man einmal zu einer Zeit mit gnädigerem Wetter wiederkommen. Ich werde das jedoch bestimmt nicht planen.

 

Am letzten Kongresstag verließ ich selbigen schon am späten Vormittag, um an der Union Station den selbstverständlich 30 Minuten verspäteten Zug nach Kingston, Rhode Island zu besteigen. Solche (großen) Bahnhöfe (und die Union Station in Washington IST groß!) sind in den USA ein bißchen wie Flughäfen: der Zutritt zu den Bahnsteigen erfolgt an „Gates“, die erst 30 min vor Fahrtbeginn geöffnet werden. Da es keine Reservierungen gibt, rennen die Leute alle los, um noch einen Platz im Zug zu bekommen. Ich bekam (deutlich bequemer als in D hier, mit mehr Platz), setzte mich auf die linke Zugseite (wie der Aussicht halber empfohlen) ans Fenster und zuckelte los, ca. 7h Fahrt vor mir.

Es war eine kurzweilige Fahrt mit viel schöner Landschaft vor dem Fenster; auf dem Weg fuhr ich sogar durch New York, sah die berühmte Skyline als Vorgeschmack auf den Abschluß meines Urlaubs und kam gegen 19 Uhr an einem niedlichen kleinen Bahnhof in Kingston an, wo mich Tante Shanti schon erwartete. Wir aßen mit „Onkel“ Bean lecker zu Abend, plauderten angeregt und gingen, nachdem Pläne für den Samstag gemacht worden waren, ins Bett.

Als eine Möglichkeit, was ich mir anschauen könne, wurde – ohne Begeisterung – („we don’t go there very often…“) „Providence“, die Hauptstadt des Staates, genannt. Ich war sofort elektrisiert, denn jene ist die Geburtsstadt eines meiner liebsten und eines der besten Schriftsteller der USA, H.P. Lovecraft, der dort auch begraben liegt. Ich erzählte davon und äußerte den Wunsch, sein Grab zu besuchen und ein wenig auf seinen Spuren in dieser Stadt, mit der auf das Engste verbunden war (s. die Inschrift auf seinem Grabstein) und die ihn stark inspirierte, zu wandeln. So geschah es: nach dem Frühstück brachen wir auf und standen bald auf dem Swan Point Cemetary vor dem unspektakulären aber von Anhängern und Begeisterten aus der ganzen Welt geschmückten und mit kleinen Gaben bedachten Grab des Meisters:

"I am Providence"

Anschließend fuhren wir durch einen idyllischen, gemütlich wirkenden Ortsteil von Providence mit seinen kleinen bunten Holzhäusern und fanden ein paar von HPs alten Wohn- und Wirkungsstätten:

598 Angell Street, wo Lovecraft von 1904 to 1924 lebte 

10 Barnes Street, da lebte er von 1926 - 1933

Providence ist hochinteressant. Und ganz ganz eigen! Eine Universitätsstadt, wo die sehr renommierte Brown University zum Zeitpunkt unseres Besuchs gerade bei bestem Wetter das neue Semester begrüßte. Es gibt dort diese oben beschriebenen Viertel, aber in der Innenstadt stehen auch Hochhäuser, 

 

witzig, ne?

 zwischen denen ein ansehnlich Flüßlein fließt,


auf dessen Wassern in Providence regelmäßig Feuer entzündet werden. Ich mochte die Mischung aus Architekturen mit Überbleibseln aus Lovecrafts Ära, dem beginnenden 20. Jhdt., die gelegentlich hügeligen Straßen und die irgendwie behagliche, gemütliche Stimmung dort, die einen vollkommenen Kontrast zu den von Lovecraft erschaffenen Welten bildeten, ganz besonders. Zudem sind der atlantische Ozean und Badestrände ganz in der Nähe. Nach einem Einkauf in einem Lovecraft-Devotionalienladen fuhren wir zurück, empfingen noch weitere Verwandte, Tante Zoe und ihre Tochter Kylie, und fuhren nach einem späten Lunch mit diesen im Verlaufe des Nachmittags noch ans Meer wo wir bis  zum Einsetzen der Dämmerung spazierten:



Auch und gerade wegen der Zusammenkunft mit der amerikanischen Familie (mit dem inzwischen etwas gebrechlichen, 88-jährigen „Uncle Pete“, der leider nicht kommen konnte, wurden stattdessen Videokonferenzen abgehalten) war die Zeit in Rohde Island, dem Ocean State, und natürlich als unerwartetes, hochwillkommenes „Bonbon“ der Besuch in Providence besonders schön! So fuhr ich ein wenig traurig vom Bahnhof Kingston ab

bis daß ich wiederkomm....
 

war aber auch schon vorfreudig auf einen kurzen Abstecher nach New York, aber ehrlich gesagt auch die Rückkehr nach Hause am Sonntagmorgen mit dem Zug gen Süden, dem ich nach drei Stunden in der Penn Station im Großapfel entstieg.

Natürlich war es wieder viel zu warm, das gilt insbesondere in Metro-Stationen und schwitzend schob ich meinen Koffer durch die endlosen Gänge und versuchte, herauszufinden, welche Metrostation meinem Hotel am nächsten liegt. Irgendwie und -wann kam ich dort an und nach einem schweißtreibenden, ca. 20-minütigen Fußmarsch entlang der 62nd Street East (ich befand mich in Midtown East) gelangte ich zum Bentley Hotel, wo ich glücklicherweise sofort ins Zimmer, duschen und den Ausblick aus dem 16. Stock wertschätzen konnte:


Das Hotel lag toll, dafür hatte man offenbar an der Isolierverglasung gespart, denn vom nicht weit entfernten Verkehr war viel zu hören. Doch ich scherte mich zunächst nicht darum und machte mich erfrischt auf zur ersten Runde durch die Stadt. Ich hatte mich schon am Vortag mit Tante Zoe zum Abendessen verabredet und sie würde mich zusammen mit „Onkel Quentin“ um halb 6 im Hotel abholen, bis dahin war also Zeit. Ich lief ziellos drauf los, ließ den Wahnsinn New Yorks auf mich wirken und sog die Eindrücke in mich auf, nachdem ich das letzte Mal vor 22 Jahren an diesem Ort war.

Ich kam bis zur 5th Avenue und kehrte dann, die Zeit im Auge behaltend, um, wobei ich die Park Avenue kreuzte und diese Kombination aus grünlichen Gebäuden gewärtigte:

Tante und Onkel luden mich in ein nettes italienisches Restaurant ein, wo wir uns überaus angeregt unterhielten. Anschließend brachte ich sie noch zur Grand Central Station, einem kolossalen Bahnhof mitten in der Stadt,

Das' ma'n Bahnhof.

von wo aus sie heim nach Connecticut fuhren und ich meinen nächtlichen Rückweg durch NY zum Hotel antrat:

fehlt noch das Bat-Signal #arkhamvibes


direkt neben dem Hotel

Die Nacht war unangenehm, da die Klimaanlage nicht wirklich ausschaltbar war und immer irgendwie Geräusche machte, die vom Verkehrslärm, der in NY selbstredend auch um 3 Uhr nachts stattfindet, kontrapunktiert wird :-/

Am nächsten Morgen ging ich unausgeschlafen bei Dunkin‘ Donuts frühstücken, checkte aus, lagerte meinen Koffer ein und fuhr dann mit der Metro zum „World Trade Center“ bzw. dem, was heute da ist, wo es mal war: eine riesige, sehr beeindruckende und auch schöne Gedenkstätte:


Daneben steht auch ein eigenes Museum zur Dokumentation des Verbrechens und der Zeit danach. Von dort aus marschierte ich los, vom Financial District, wo das WTC stand, den Broadway entlang bis zum Union Square. Ausgerechnet an diesem Tag war „Labour Day“, so daß einige Orte, die ich noch hätte ansehen können und wollen, gar nicht aufhatten, z.B. der Parfum-Laden, wo von der Schwester Heißbegehrtes erworben werden sollte. Vom Union Square fuhr ich ein paar Stationen mit der Metro und lief bzw. gaukelte dann noch ein bißchen mit grober Richtung East Midtown um die 5th Avenue herum, bis ich zur 62nd Street East kam und schon wieder ordentlich durchgeschwitzt zum Hotel kam. Weil ich das geahnt hatte, hatte ich ein Wechselshirt im Rucksack, für später.

Nach einem Päuschen in der Lobby trat ich die überaus komplizierte Anreise zum Newark Airport an. Dafür mußte ich mit der Metro bis zur Penn Station, dort einen Zug bis Newark nehmen und von dort in den Airtrain steigen, der einen zum Terminal brachte. Im sehr unsympathischen Flughafen mit sehr ungehobelten Mitarbeitern wurde ich meinen Koffer los, ging nach langem Schlangestehen durch die Sicherheitsschleuse und hatte dann noch einige Zeit totzuschlagen und Hunger. Diese beiden Dinge lassen sich ja eigentlich ganz nützlich verbinden, allein, es ist nicht möglich, an diesem Flughafen an einer der vielen Fressbuden, wo man auch sitzen kann, sein Essen anders als durch eine Online-Bestellung zu bezahlen, wofür man umständlich einen Account anlegen, mit Bestätigungs-E-Mail etc. und dort seine Kreditkartendaten hinterlegen muß. Völlig irrsinnig! Dafür ist an jedem (!) Tisch und Sitz ein Tablet fest installiert, mit dem man diese Operationen durchführen kann. Kranke neue Welt, dachte ich und legte einen Account an, den ich danach gleich wieder löschen würde, um mir etwas zu essen zu besorgen.

Irgendwann war es dann so weit, wir konnten an Bord gehen und einen mittelbequemen, schlaflosen aber nicht halb so nervigen Flug wie den nach SF später landeten wir um halb 10 morgens in Frankfurt (innere Uhr: 3 Uhr nachts). Im vorletzten Verkehrsmittel dieses Tages, dem Zug von Frankfurt nach Köln, wo mich am Bahnsteig die Liebste erwarten würde, ging ich im Geiste noch einmal die Stationen dieser wilden, phantastischen, überwältigenden, großartigen Reise einmal quer durch die USA durch und mein Glücksempfinden, sie unternommen und so viel erlebt und gesehen zu haben, mischte sich in die ungeduldige Vorfreude auf eine lange innige Umarmung, die ich, je länger ich weg war, umso mehr ersehnt hatte.  

Freitag, 26. August 2022

Kein schöner Land - Arizona: Von Page zum Grand Canyon und nach Phoenix

Die 4,5 stündige Fahrt nach Page war, einmal aus dem Großraum Las Vegas und Nevada raus, nicht nur nicht langweilig, sondern wegen der phänomenalen und in ihrer Weite mir immer wieder den Atem raubenden Landschaft sogar sehr schön. Meine Güte, diese Weite… Land, ewiges Land bis zum Horizont!

Ich hatte am Vorabend der Fahrt herausgefunden, daß man den „Antelope Canyon“, den ich eigentlich besuchen wollte, nur mit einem Navajo-Führer betreten kann, da er auf deren Land ist. Nicht nur verlangen diese dafür einen Haufen Kohle für 1,5h Tour, man habe, so wurde berichtet, auch gar keine Zeit, sich im Canyon in Ruhe umzusehen und Photos zu machen, sondern werde in einem Strom von Touristen durchgejagt. Und Tickets müsse man eh im Voraus kaufen und alles. Danke, aber nein danke! Also hatte ich mir andere Dinge, die man in Page ansehen kann, ausgeguckt. Ich kam bei meinem einfachen „Clarion Inn“ Hotel an, schmiss meinen Kram ab und fuhr gleich wieder los zum „Wahweap Overlook“

The Epic...

it shines!

Die ganze Umgebung von Page und eigentlich fast alles, was ich bisher von Arizona gesehen hatte, entzückte mich. Man fühlt sich die ganze Zeit wie in einer Kulisse für Western, so mit 15 Minuten Einstellungen ohne Schnitt, in der Wüste mit orangenem Sand, Steppe mit grünen Flecken, Kakteen, Canyons und blutroten Felsen und weitem, weitem Land.  Ganz famos das alles!

Zurück im Hotel überantwortete ich den Leib abkühlungshalber dem sehr überschaubaren Swimming Pool, dümpelte rum und hörte einer badischen Familie versonnen beim Unsinnreden zu („Wie heischt nochmal des afrikanische Land, wo immer Zores macht?“ „Meinscht Du Paläschtina? Oder Israel?“ „Ja, des!“) . Für den Abend v.a. den Sonnenuntergang wollte ich mir noch für 10$ Eintritt den berühmten Horseshoe Bend ansehen und bei Darwin hat sich das gelohnt!!:


BÄM!

I was there :-)

Zum Abendessen organisierte ich mir, als die Sonne ganz weg war, eine Pizza Hut Pizza, die ich mir auf Stube einverleibte und es leidlich zufrieden war.

Am Morgen nach einem Frühstück, wie es hinsichtlich Verpackungsirrsinns und Umweltfeindlichkeit amerikanischer nicht sein könnte,

'merica :-/

„schlug ich“ wie der Amerikaner sagt, dann die Straße gen Süden und fuhr Richtung Grand Canyon Südrand, nochmal ca. 3 Stunden. Die Landschaft war weiterhin wundervoll, allerdings stimmten mich die immer einmal wieder am Straßenrand stehenden, runtergekommenen und meist verlassenen Büdchen, in denen in nahegelenen Reservaten lebende Indianer versuchen, Vorbeifahrenden selbstgemachten Schmuck u.ä. zu verkaufen, etwas melancholisch: 

 


Irgendwann erreichte ich aber den Zugangsbereich und wurde ganz aufgeregt. Gleich würde ich ihn sehen. Doch als es dann wirklich soweit war, ich die letzten Schritte bis an den Rand trat, war ich nicht auf den Eindruck vorbereitet, den dieses Naturwunder auf mich machte. Ich liebe die Sprache und schmeichle mir selbst mit der Vorstellung, als halbwegs sattel- und wetterfester Kämpe in auch entfernten Ausläufern ihres Reiches kein Fremder zu sein, dem es meist gelingt, annehmbar zu beschreiben, was er sieht, doch hierfür fehlten mir die Worte, die Superlative sind mir längst ausgegangen und auch die Photos können diese Offenbarung der Natur, dieses Jahrmillionen alte, tief bewegende Wunder, dessen Bewunderer ich wurde und mein Lebtag bleiben werde, nur unvollkommen darstellen: 

es ist

nicht zu beschreiben

ich war da. Und hingerissen.

Ich blieb bis zum Sonnenuntergang in der Gegenwart des Canyons, lief an seinem Rand auf und ab, fuhr mit dem Bus zu noch weiter entfernten Stellen, schaute und schaute und schaute:

Hier ein kleiner Videoschwenk.

Als dann die Sonne unterging und die Schatten länger und das Licht roter wurde, legte sich der Canyon seinen feuerfarbenen Abendmantel um und wurde noch schöner und anrührender:

ok. Jetzt kann ich dann also sterben.

Prall, satt, besoffen und triefend von den Eindrücken des Canyons und meiner ganzen bisherigen Reise verließ ich hochbeglückt den Park und verbrachte die Nacht im „Under Canvas“, so einem Zelt-Hotel, wo man in einem Zelt schläft und auch die Lobby in einem Zelt ist: 

 

Lobbyzelt




 Es gibt da auch nur einen Gemeinschaftsklo- und Duschwagen und einen Yogamattenverleih, dafür aber weder Strom noch WLAN (das gehöre zum Konzept, man wolle den Gästen helfen, sich mal von der Technologie zu lösen). Das hier war mein Zelt/Zimmer:

meine "Bude" - außen und

innen (kann man ja so machen)

also nix Isomatte, klammer Schlafsack und nur kriechende Fortbewegung, sondern ein fürstliches und bequemes Bett! Es hatte sogar einen kleinen Bullerofen mit Schornstein, so daß man sich abends, wenn die Kälte herankriecht, ein gar mollig Holzfeuerchen machen kann, was ich auch tat.

Auf dem Platz vor der Lobby werden bei Einbruch der Dunkelheit Feuer entzündet, um die die Gäste sich mit Heißgetränken versammelten, und so ein Gitarren-Jogi spielte melancholische Songs wie „Hotel California“. Über allem prangte das prachtvollste und reichhaltigste Sternenzelt mit prominenter Milchstraße, das ich von solcher Qualität bisher nur einmal im australischen Outback gesehen hatte (nur eben in der Südhalbkugelversion 😉)

besser ging es nicht...

lag am Equipment, nicht am Himmel :-)

Also sehr naturverbunden, urtümlich und WILDROMANTISCH das Ganze, so daß ich sehr viel lieber zu zweit gewesen wäre 😊. Später saß ich noch alleine vor meinem Zelt, der warme Bullerofen hinter mir, und zwei Dinge erfüllten mein Gemüt mit immer neuer und zunehmender Bewunderung und Ehrfurcht:  der bestirnte Himmel über mir und die moralische Musik in mir 😉

Am nächsten Morgen frühstückte ich noch einen schmackhaften French Toast mit allerlei Fruchtfreunden und stieg dann ein letztes Mal in den treuen Toyota. Die Fahrt nach Phoenix war einigermaßen stressig. Der erste Teil bis Flagstaff, wo ich – natürlich - in einer Doughnut-Bude Halt machte und endlich wieder Internet nutzen konnte, um der sich fragenden Welt mitzuteilen, daß ich noch lebe, war noch wunderschön, da er auf meistens kerzengerader Strasse


durch den märchenwaldartigen, mit seinen Bergen, Blumenwiesen und Bauernhäuschen aber auch bisweilen ans Allgäu erinnerende „Coconino“-National Forest führte. Ab Flagstaff aber ging es auf den Freeway, die Straße wurde schlecht bis miserabel, so daß das Fahrgeräusch ohrenvergrämend laut tönte und schließlich verdunkelte sich der Himmel und Wolken türmten sich zu düster dräuenden Gebirgen auf. Als die ersten Tropfen fielen, meldete sich auf einmal mein Mobiltelephon, das ja im amerikanischen Telefonnetz eingeloggt war, mit einer ziemlich bedrohlich klingenden Warnung des nationalen Wetterdienstes: „LEBENSGEFAHR! In Ihrem Gebiet wird es eine FLASH FLOOD geben! Stellen Sie sofort jede Reisetätigkeit ein, es sei denn, Sie fliehen aus diesem Gebiet!“  und ähnlich dramatisches. Als der Regen dann an Intensität zunahm und schließlich sintflutartig wurde, wurde es mir schon etwas mulmig. Es waren noch 50 Minuten bis Phoenix, und ich wußte ja nicht, ob ich in das schlimme Gebiet rein oder aus ihm rausfuhr oder es nur streifte. Es wurde sehr langsam gefahren, auf der Gegenspur hatte sich schon ein beträchtlicher Stau gebildet, die Sicht betrug nur ein paar Meter, da nun auch Nebel dazukam, auf der Straße stand inzwischen das Wasser schienbeinhoch. Ich malte mir schon Szenarien aus, wie ich in meinem Auto fortgespült wurde, doch ich hatte Glück, denn nach einiger Zeit wurde es heller, der Regen ließ nach und ein paar Kilometer weiter gab es schon wieder eitel Sonnenschein und der Regen trocknete dampfend von der heißen Strasse. Die Wetterlagen hier in der arizonischen Wüste sind schon extrem :-o

Am Ende kam ich heil in Phoenix an und machte abermals Pause bei einem? Na? Richtig, Doughnut-Laden, meine bevorzugten Zufluchtsorte mit lecker Fettkringeln, Klo, Internet, Klima, Tisch zum Sitzen und im Falle von Phoenix auch netten Leuten, denn ich bestellte ein heiße Schokolade und da es länger dauerte, diese herzustellen, bekam ich sie gleich geschenkt 😊 Da es in Phoenix auch wahnsinnig heiß vielleicht sogar noch heißer als in LV war, verbot sich jede Aktivität draußen, so daß ich, statt was ich mal erwogen hatte, den botanischen Wüstengarten zu besuchen,

weiter bin ich nicht gekommen ;)

 in Phoenix auch einfach „Garten“, schon recht frühzeitig mein Auto abgab, zum Flughafen shuttelte und dort in einem arg bequemen Sessel die Zeit bis zum Abflug um 23:50 Uhr totschlug.

Und damit endeten meine Ferien vor dem Kongreß in Washington, die schöner und reicher an Abwechslung und phantastischen Eindrücken nicht hätten sein können.