Montag, 25. August 2014

Bad Zwischenahn (Claudia)

Als am Donnerstag morgen der artifizielle Hahn aus dem Mobiltelefon schrie, um mich daran zu erinnern, daß es nunmehr 5 Uhr und damit Zeit zum Aufstehen sei, wich mein sonst recht beständiges frühmorgendliches Selbstmitleid sehr viel schneller als sonst der Vorfreude: nach einem an Arbeit nicht eben armen Semester mit anschließenden gesundheitlichen Turbulenzen und dadurch bedingten Urlaubsplanänderungen lechzte ich nach Erholung – und seien es auch nur vier Tage an einem kleinen See in Niedersachsen, die wir in einer Art verzweifelten Übersprungshandlung gebucht hatten. Nach Bad Zwischenahn, im Folgenden besser und korrekter nur Bad Zwischenzahn genannt, sollte die Reise gehen und so machten wir uns auf zum Hauptbahnhof, um sie anzutreten. Nachdem die Bahnfahrt arm an Tumulten, aber eben auch arm an Schlaf vorbeigezogen war,

Nicht mal ein Ruhe ein Schlafbild kann man von ihm machen…
 
holte uns ein Shuttle vom Bad Zwischenzahner Bahnhof ab und brachte uns ins 5 km entfernte Dreibergen, ein idyllisch und fernab der Zivilisation am See gelegener Stadtteil Bad Zwischenzahns, dessen Zentrum vom Hotel Seeschlößchen, unserer Bleibe, konstituiert wird (denn mehr gibt es da auch nicht). Naja, vier Sterne kann man wohl machen, dachten wir uns – und von außen sah das Ganze auch recht manierlich aus. Wir checkten also ein, erhielten unseren extrem oldschooligen Zimmerschlüssel und öffneten die Zimmertür, nur um Zeugen eines äußerst unangenehmen olfaktorischen Schauspiels zu werden: als hätte ein an Lepra erkrankter Affe drei Monate lang Kette geraucht (wofür auch der liebevoll auf dem Tisch drapierte Aschenbecher sprach). Der Liebste mutmaßte optimistisch, daß der Geruch wohl vergehen werde, aber ich hatte da so meine Zweifel. Und auch die Fenster, die reichlich mit den architektonischen Erzeugnissen von Freund Spinne versehen worden waren, riefen in mir nicht unbedingt Begeisterung hervor. Ich hatte die in einer Online-Bewertung des Hotels von einer betagteren Dame hervorgebrachte Behauptung, sie habe vor lauter Spinnweben nicht aus dem Fenster sehen können (und überhaupt, nach dem Krieg sei alles besser gewesen) für den üblichen und reichlich überzeichneten Geronten-Grummel gehalten, aber tatsächlich fiel mir beim Öffnen des Fensters direkt ein dickleibiger Achtbeiner entgegen, den ich – unter viehischem Gebrüll und Zuhilfenahme mehrerer Lagen Toilettenpapiers – in eine beinahe molekulardispers verteilte Ex-Spinne verwandelte.

Anschließend wollte man nach Bad Zwischenzahn aufbrechen und dafür den Bus nehmen. Im Gegensatz zur Darstellung des Liebsten scheiterte dieser Plan allerdings nicht vornehmlich an Petrus’ Launen, sondern an der Inkompetenz Cornelius’ in Bezug auf die korrekte Betrachtung und Anwendung von Busfahrplänen. So erstarb unsere Abenteuerlust und fand ihr schmackhaftes Ende irgendwo zwischen Apfelkuchen und Friesentee im Café, das sich in unmittelbarer Nähe unseres Hotels befindet. Im Anschluß daran schleppten wir unsere müden und ausgemergelten Leiber in die Wellness-Anlage der Unterkunft, wo nebst Bio-, Finnen- und Infrarotsauna auch ein kaputtes Dampfbad und konsequent die Sauna-Etikette ignorierende Schwatzbasen unserer harrten. Ein schöner Erfolg, der nur vom darauf folgenden Restaurantbesuch gekrönt werden konnte. Daß uns ein Platz mit Seeblick zugewiesen wurde, hielt ich zunächst für sehr freundlich, allerdings wich meine Begeisterung in dem Augenblick, in dem ich die etwa zehn Spinnen am Fenster mitsamt ihrer Netze und Opfer erblickte. Für Octopoden-Freunde mag das ein wahres Paradies gewesen sein, doch ich fühle mich der Klasse dieser wunderlichen Wesen nicht gerade zugehörig. Als nächstes offenbarte die Gaststätte einige ihrer Features: freundliches Personal, unbeholfene Azubis (deren Mundwinkel offenbar die Kraft zum gelegentlichen Kampf der Gesichtsmuskeln und deren lippengewordener Ansatzstellen gegen die Gravitation an der Tür abgegeben hatten) und eine ausgeprägte Sparsamkeit bei der Natriumchlorid-Dosierung. Daher schmeckte dem Liebsten sein Mahl eher mal nicht und so rundete der erste Tag das triste Resumée ab, das ziehen zu müssen wir schon beim Anblick der dunklen und beständig suppenden Wolken über Dreibergen befürchtet hatten: das war ja wohl ein Schiß in die Buchse. Kopfschmerztablette, ab ins Stinkezimmer, Lichter aus um 22 Uhr – Ende.

Ganz anders begann der nächste Tag: das Frühstück wußte Fressmaschine G. zu erfreuen und so wurde sich munter der Wanst vollgeschlagen, um sich für die anstehende Tageswanderung zu rüsten. So machten wir uns auf, den großmäulig als „Bad Zwischenzahner Meer“ bezeichneten See zu umrunden, immerhin eine Wanderung von 12 km Länge. Die ersten Bilder vom Hotelpark spiegeln auch die Aussicht wieder, die man von der Sauna aus hat:



Und dann ging es los. Flotten Schrittes ging es vorbei an Feldern, Wiesen und Auen, Gemensch und Getier, Wasser und Land.

Von der Unmöglichkeit,

ein Pärchenbild

mit Dr. C. aufzunehmen…






 
Ist es ein Vogel? Ist es ein Flugzeug? Nein, es ist… Brückenmannnnn!

Als wir dann nach etwa 6 km einen Minigolfplatz erreichten, mußte nicht lange überlegt werden. Es schloß sich ein beinahe unerträglich spannendes Match an, in dessen Verlauf ich mir, je nach Punktlage, abwechselnd meine beiden neuen Spitznamen „Tiger Graneis“ und „Klonk Graneis“ einhandelte.

Gekonnt die Schwäche im Abschluß überspielt…

Euphorie! Einfach so!

Hier Live-Aufnahmen des ersten und einzigen Hole-in-One

Eindeutig: Klonk Graneis]


Am Ende gewann der Liebste äußerst knapp, äh, haushoch und feierte dies gebührlich, wie er ja in seinem Eintrag bereits kundtat. Schließlich betraten wir Bad Zwischenzahn und wurden quasi überrumpelt vom Duft von Mobilat und Kukident. Man war 100, und man war es gern: den wenigen Unter-90-Jährigen, die sich auf die Straße trauten, stand die ständige Furcht vor den rasenden Rollatoren-Rowdies ins Gesicht geschrieben. Wir kämpften uns mutig hindurch, aßen köstlichen Rhabarber-Baiser-Kuchen und freuten uns des friesischen Lebens, ehe wir im Regen den 6 km langen Rückweg antraten, der uns an klangvollen Orten wie „Ohrwege“ und „Osterscheps“, jedoch nicht am schmerzlich vermißten Supermarkt vorbeiführte.




Windmühlen hat man hier auch. Sogar die Rügenwalder Mühle. Aber diese hier ist eine andere. Mußte gar nicht weinen

Nach einer weiteren Wellnessrunde machte das Restaurant, zwar noch immer am Spinnentisch – aber was will man machen, seinen Faux-pas des vorigen Abends wett und wir wurden mit Rumpsteak und Bratkartoffeln erfreut. An jedem Tisch war zudem ein Büchlein mit äußerst schlechten Gedichten und Sinnsprüchen zu einem bestimmten Thema (Liebe, Geburt, Dank, …) aufgebahrt, das zu unserem kolossalen Amüsement gereichte. So wurde uns auch bei der Nahrungsaufnahme nie langweilig.
Nach Sonnenuntergang begaben wir uns dann in den reetdächigen Fährkroog, ein uriges friesisches Restaurant, das mit derbem Charme und einem fließend platt sprechenden, türkischen Kellner aufwarten kann, um dort ein friesoides Heißgetränk in unsere Mägen zu schütten. Doch zunächst mußte der 56%ige Moorgeist bezwungen werden, was für mich jedoch, bis auf einen kleinen Kater am nächsten Morgen, kein größeres Problem darstellte. Dann war es Zeit für Friesentee mit Kluntje (Kandiszucker in Brocken, die jedes Pferd glücklich gemacht hätten) und Sahne (nur für Dr. C. und mit einem Fettanteil, den man eher bei einem japanischen Sumoringer denn in friesischem Eutererzeugnis vermutet hätte). So klang der Abend aus und rundete einen so gar nicht buchsenschissigen Tag ab.

Der folgende Tag begann wie der davor mit einem anständigen Frühstück um 8 Uhr morgens: es stand eine 5 km lange Wanderung durch den Forst an, die des Liebsten Idee war. Die Routenbeschreibung entnahmen wir einem etwa 783 Jahre alten Schild am Startpunkt der Wanderung, was retrospektiv betrachtet vielleicht nicht unbedingt die beste Idee war. Nun gut. Viele große Entdeckungen waren die Resultate schlechter Ideen, insofern war ich voller Hoffnung. Eine Zeit lang ging auch alles gut und war sehr schön,

Der „Stechpalmenweg“ hieß wohl aus gutem Grund so!

Sowas ähnliches wie ein Paarbild… ich geb’s auf…
K… Ke… Kevin Costner? Bist Du es wirklich?!


doch dann setzten Orientierungslosigkeit (aufgrund offenbar im Laufe der Zeit abhanden gekommener Wegmarken) und Regen (aufgrund mysteriöser meteorologischer Verstrickungen) ein und so landeten wir mißmutig, naß und verwirrt



wieder in Dreibergen, ohne jedoch die Wanderung in ihrer Gänze begangen zu haben. Da es aber noch früh war, beschlossen wir, noch einmal nach Bad Zwischenzahn aufzubrechen, diesmal mit geballter Fahrplankompetenz und neuem Mut. Es glückte! Wir gerieten direkt in den Wahnsinn, der sich „Bad Zwischenzahner Woche“ nannte und neben hohem paläontologischen Aufkommen auch allerlei bizarre Werbefritzen („Kooooommen Sie, staunen sie, NUR heute habe ich für sie den Gartenhobel 7000 – nicht für 30, nicht für 29, nein, für nur ACHTUNDZWANZIG Euro im Gepäck! Diiiiiieee ersten fünfzig Kunden bekommen dazu gratis den Gartenhobel-Rindenmulch-Aufsatz und das Laus-Weg-Spray! Glauben Sie nicht? Ist aber so!“), Panflöten-Indianer und Nippes-Nappes-Händler bereithielt. Wir beschlossen, der von Cornelius arg gefeierten Trash-Parade kurz für ein nautisches Abenteuer den Rücken zu kehren und liehen uns ein Elektroboot. Hier geschah eine Transformation, die in die Geschichtsbücher eingehen wird: aus Dr. C. wurde auf dem Boot Captain C., Herrscher über die Bad Zwischenzahner Meere, der das Boot so lässig über die Wellen gleiten ließ, daß man den Eindruck gewinnen mochte, er wolle Poseidon selbst verspotten.

Noch mehr Euphorie! Jaaaaaaaaa!]

Der geborene Captain. Aye!]

Und in der Ferne wartet schon das nächste Abenteuer auf C und C…



Nach diesem nervenaufreibenden Wellenritt wandten wir uns von der rauen See ab und dem Trash-Theater wieder zu, um uns zu amüsieren und den abenteuerlichen Nachmittag bei einem neuerlichen Stück Kuchen ausklingen zu lassen. Unser Wagemut wurde abends im Restaurant mit Entrecôte belohnt und beim nächtlichen Tee-Intermezzo mit Heldenliedern besungen. Oder so ähnlich. Nach der finalen Folge der ersten Staffel von A-Team, die wir auf Cornelius’ mobilem Endgerät betrachteten, fielen wir müde ins (und in meinem Fall später auch aus dem) Bett.

Der Sonntag erwartete uns mit einem wieder einmal gelungenen Frühstück und der Vorfreude auf daheim. Und so traten wir die Heimreise an – nach einem netten und bitter nötigen Kurzurlaub in Bad Zwischenzahn.

Montag, 18. August 2014

Bad Zwischenahn (Corn)

Eigentlich wollten wir ja nach Borkum. Doch dann ereignete sich ein „Vorfall“, der jene lang geplante und organisierte Reise, jedoch keinesfalls das Bedürfnis nach Urlaub, Sommerfrische und Endich-mal-raus-aus-der-Bude eliminierte. Nach einiger Suche nach Ersatzbefriedigung, die letzthin zusehends willkürlich und verzweifelt geriet, stießen wir schließlich auf „Bad Zwischenahn“ – klingt komisch, heißt aber wirklich so – im Ammerland in Ostfriesland, nordöstlich von Oldenburg. Dort empfahl sich uns das ****-Hotel „Seeschlösschen Dreibergen“, direkt am Ufer eines Sees durchaus überschaubarer Größe, der bei der für die Region offenbar nicht ganz untypischen Neigung zu Overstatement  als „Zwischenahner-Meer“ bezeichnet wird.

das Meer


Sparfüchse und Spätestbucher die wir sind, stiegen wir ächzend und notgedrungen an einem Donnerstag um 5 Uhr aus dem Bett, um 6:09 Uhr in einen Zug Richtung Norden und nach einmal Umsteigen in Bremen um viertel vor 11 in Bad Zwischenahn aus. Ein hoteleigenes Shuttle holte uns ab und brachte uns zum Seeschlösschen, das im Ortsteil „Dreibergen“ liegt und wo wir erfreulicherweise auch gleich einchecken und das Zimmer beziehen konnten.


Seeschlösschen, Rückseite

Dort stank es, fanden wir, und obgleich es sich dabei angeblich um ein Nichtraucherzimmer handeln sollte (, was angesichts eines darin aufgestellten Aschenbechers eher unplausibel erschien), rückte das Personal dem üblen Odeur mit „Tabak-Ex“ zuleibe. Ansonsten gefiel uns das Zimmer ganz gut, es war ausreichend groß, hell und ruhig und das ganze Hotel verfügt sehr löblicherweise über kostenloses W-Lan. Gespart hatte man hingegen am Fernseher, der etwa handtellergroß war, was aber beim verrauschten, grieseligen Bild nicht wirklich tragisch war (und wir waren ja auch nicht zum Glotzen hier). Das Personal war von durchaus variabler Freundlichkeit und Kompetenz, offensichtlich hält man es im Seeschlösschen für ratsam, auch schon nahezu hämorrhagische Anfänger auf die Gäste und deren Zimmer loszulassen, so daß zwar das herunterhängende Klopapierblatt zu einem lustigen wie nutzlosen Dreieck gefaltet wird, aber kein neues Klopapier nachgefüllt, dafür die zahlreichen in den Fensterecken nistenden und webenden arachnoiden Freunde auch nicht durch Putzanstalten behelligt wurden (, was ein erhebliches Reaktionsgfälle zwischen mir und meiner Begleitung, vom redlichen Interesse des Biologen zu „Iiiiieeeeh!“, aufspannte).

Blick aus dem Spinnenfenster in den Sonnenuntergang am ersten Tag


Auch das wortkarge Gestoffel eines offensichtlich ungeübten Kellneraspiranten (, der es sich auch nicht nehmen ließ, an einem der folgenden Abende einer Dame am Nachbartisch eine Bierdusche zu verabreichen und die Triefende dann noch pflichtschuldigst und informativerweise wissen ließ, daß er das nicht absichtlich getan habe) fiel uns negativ auf.  Ein wichtiges Pfund, mit dem das Hotel hingegen zu wuchern hatte, war der Wellnessbereich, genannt „SPA“, der einen Fitnessraum, vier verschiedene Saunen sowie einen netten Ruhebereich bereithält. Er gefiel uns gut und wir nutzten ihn reichlich.

Der Ankunftstag verlief unspektakulär und eher trist, da unser geplanter Ausflug nach Bad Zwischenahn-„City“ in einem unflätigen Regenguß absoff, so daß wir im Café gegenüber Tee und Kuchen einnahmen und ansonsten und bis auf diverse Saunagänge untätig blieben. Der maue Tag wurde sehr passend durch eine, nun, abendliche Lebensmitteldarreichung abgegällt, die als „Essen“ weniger denn als Sättigungsmölm zu bezeichnen und ein klarer Hinweis darauf war, daß auch in der Küche Handwerksneulinge dilettierten, die die gleichzeitige Beherrschung der Künste „Nicht-Anbrennen-Lassen“ und „Würzen“ noch derart überforderte, daß mir eine vollständig geschmack- und phantasiefreie Zusammenstellung von Fressalien der Güteklasse Maggi-Fix zugemutet wurde, die selbst die kollektiven Mundwinkel in einer WG, wo Frettchen gehalten und Waldorfpädagogik, Hanfanbau und Abhängen studiert wird, gen Erdmittelpunkt gezerrt hätte.

Es konnte also nur und sollte denn auch besser werden: der nächste Tag empfing uns mit einem ordentlichen Frühstück und Sonnenschein, so daß wir uns besserer Laune auf die 12 km-Runde um das „Meer“ begaben. Direkt zu Beginn der Runde kamen wir am „Fährkroog“ vorbei, einer urigen, reetgedeckten Gaststätte


Fährkroog
 
Dann ging es durch geheimnisvolle Wälder,


und über in voller Frucht stehende Felder, vorbei an geradezu kataloghaft romantischen privaten Wohnidyllen


und  Kuhweiden



bis wir durch das schiere Vorhandensein einer Minigolf-Anlage auf unserem Weg um das Wasser aus unserer rauschhaften Wanderungsbegeisterung gerissen und förmlich zum sportlichen Kräftemessen gezwungen wurden. Obwohl es sehr spannend war,

Tiger Graneis in Aktion
Tiger Graneis locht ein


gab es doch eine Verliererin 
the sad Clown, alias Klonk Graneis

und einen haushohen Sieger

Vater dieser Zeilen (kein Photoshop, danke fürs Fragen, ich springe echt so hoch)


und verdiente Eise schleckend setzten wir unsere Umrundung fort, machten aber doch in Bad-Zwischenahn-City halt, um uns vom unvergleichlichen Flair einer Metropole umspülen zu lassen, deren Durchschnittseinwohneralter etwa 94 ist, wo es mehr Rollatoren und E-Rollis als Autos hat und alles in Zeitlupe abzulaufen scheint und in deren Mitte ein Zentrum für onkologische, rheumatologische, proktologische und orthopädische Rehabilitation ruht. Hier moussierte das Leben, hier prickelte zwischen Sanitätshäusern und Rentnercafés die Stimmung wie Champagner, hier war ich lebendig und in Kontakt mit Meer und Tier

das schwarze müßte ein Ibis sein. Oder ein Reiher. Oder so.


Und hier war auch der schon bekannte Hang zu Schönfärberei

das "Fröhlich Hotel" lädt zu heiterem Verweilen ein
 und Overstatement

da (Pfeil) geht's zum Bolzplatz, in Zwischenahn auch als "Stadion" bezeichnet


wieder deutlich zu spüren. Wir schlossen unsere Runde im darauf einsetzenden und eine beschleunigte Heimkehr durchaus wünschenswert erscheinen lassenden Landregen ab, saunierten und kehrten nach einem diesmal sehr guten und versöhnlich stimmendem Abendmahl vor seeromantischer Kulisse

wenn bei Dreiloch die rosa Sonne im "Meer" versinkt...


noch im benachbarten Fährkroog zu friesischem Geist

the Clouds neue brennende Liebe


und Tee ein




Den nächsten Tag begonnen wir erneut mit einem erfreulichen Frühstück und traten dann eine auf einem Parkplatzschild angepriesene Rundwanderung von angeblich ca. 5 km an. Noch herrschte eitel Sonnenschein und beste Laune,

Jemand versucht, "Im Frühtau zu Berge" zu pfeifen, hatte aber einen Schlaganfall

wir schritten munter und erneut durch geheimnisvolle Wälder und hie und da wurde mit der weidenden Vierbeinerschaft angebändelt



Dann aber verdüsterten sich erst der Himmel und in der Folge auch unsere Gemüter,


als wir feststellen mußten, daß man, im Gegensatz zur Wanderwegbeschreibung auf dem Parkplatzschild, wohl das Gelände den Bedürfnissen der wohnwilligen Bevölkerung angepasst hatte, so daß die in der Beschreibung vorgesehenen Wegmarken ausblieben und wir auf Blindflug umstellten, unabsichtlich die Route abkürzten und schließlich im Regen und unter Einsparung eines Kilometers oder so wieder in Dreibergen eintrafen.
Unwillig, das Tagwerk mit diesem mauen "Amuse-pied" sein Bewenden haben zu lassen, stiegen wir in den nächsten Bus, um noch einmal Bad Zwischenahn heimzusuchen, wo sich, so hatten wir gehört, die vollverrentete Bevölkerung an diesem Tag auf der ZwiWo ("Zwischenahner Woche") delektieren würde. Als wir dort eintrafen war, wie Claudia noch beschreiben wird, das Trash-Paradies bereits eröffnet, aus dem zwei Eindrücke ich mitzuteilen dem Leser nicht ersparen kann:

vierköpfige Drehorgelkombo orgelt und sammelt für die Krebshilfe

Marcel B. aus Bottrop, dessen Oma Asiatin war, spielte, verkleidet als Inka-Fred und mit poetisch und vor dem Schmerz der Welt dramatisch geschlossenen Augen, Lieder aus seiner "Heimat" ("Hallelujah" und "An der Nordseeküsten") auf einer Vielzahl von Flöten, Schellenkränzen und seinem Aluröhrchen-Glissando vor dem Playback zugeschmierter Synthie-Streicher und Vogelzwitschern. Wenn das Atahualpa gesehen hätte, hätte er ihm auf offener Straße des Herz rausgerissen! Und wer vom Flöten-Indio nicht genug bekommen konnte, kaufte an Ort und Stelle seine CDs.

Nachdem wir uns an jenem Elend sattgeweidet hatten, waren wir malade und benötigten frische Seeluft, derer wir auf einer adrenalingeschwängerten Fahrt in einem Elektroboot über das sturmgepeitschte "Meer" habhaft wurden

Blick von der Brücke
vom Charme des Käptns überwältigte Passagierin

Hernach verschlug es uns zur Einkehr in dieselbe Seemannsspelunke dasselbe Café wie tags zuvor

auf dem Klo des Cafés: diese Christen lassen aber auch keine Notlage zum Beten aus, wa?

 und gestärkt traten wir alsbald den Rückweg nach Dreibergen an, um den Abend sehr ähnlich dem vorigen mit Saunawellness zu beginnen und nach einem wiederum guten Essen mit einem Ostfriesentee im Fährkroog ausklingen zu lassen.

Der vierte Tag stand ganz im Zeichen der Rückreise, die wir planmäßig antraten und abschlossen. Mein Fazit zum Kurztrip lautet: befriedigend. Wir haben uns erholt und waren mal raus, bei Wetter und Hotel war durchaus noch Luft nach oben, wir hatten aber auch viele schöne Momente. Eine Neuauflage ist dennoch unwahrscheinlich.